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Irrwege vermeiden - aber wie:

von Roland Peter, Kirchheim b. München

Gründung einer Selbsthilfegruppe in München

Trotz aller medizinischer Fortschritte besteht immer noch das Problem, seltene Erkrankungen frühzeitig zu erkennen. Hat man nicht ausgesprochenes Glück und findet gleich den richtigen Fachmann, kann dies ein schwieriger und sehr belastender Durchgang werden

Auch bei mir, ich bin 49 Jahre und wohne im Großraum München, liegt die Grunderkrankung schon viele Jahre zurück. Immer wieder hatte ich Gliederschmerzen und fühlte mich einfach unwohl. Blutuntersuchungen ergaben nie Hinweise auf irgendeine gravierende Erkrankung. Ein Hörsturz vor etwa sechs Jahren wurde als berufliche Überlastung abgetan, und es kam der Rat, langsamer zu machen, Stress abzubauen und auf Alkohol ganz zu verzichten, da dies vermutlich die Gründe für mein anhaltendes Unwohlsein gewesen seien.

Doch auch die totale Alkoholabstinenz und entsprechende Ruhepausen brachten für mich keine Besserung. Somit war für meinen Arzt klar, dass es sich um ein psychisches Problem handle und ich mich dringend in die Hände eines Psychotherapeuten begeben solle. Diese Sitzungen halfen mir, mit meiner allgemeinen Situation besser fertig zu werden, an der Grunderkrankung änderte sich natürlich nichts.

Die Situation verschlimmerte sich dann vor zwei Jahren. In der Früh hatte ich Probleme, aus dem Bett zu kommen, und beim Autofahren musste ich Zwischenstopps einlegen, da ich bei längerem Sitzen fast bewegungsunfähig wurde. Jetzt vermutete ein Orthopäde, dass durch mein mäßiges Übergewicht die Wirbelsäule in Mitleidenschaft gezogen worden sei. Plötzlich auftretende Schultergelenkschmerzen wurden in einer orthopädischen Fachklinik als Schleimbeutelentzündung diagnostiziert. Als dann auch noch die Kniegelenke anschwollen und ich vor Schmerzen nicht mehr gehen konnte, hörte ich zum ersten Mal die Vermutung "Rheuma". Zwar bestätigten sämtliche Blutuntersuchungen den Verdacht nicht, ich wurde aber trotzdem vorsichtshalber mit Resochin und Kortison behandelt.

Als kurze Zeit später meine Finger schwarz wurden, vermutete mein Hausarzt nur vorsichtig eine Autoimmunerkrankung. Eine Rheumafachärztin sagte mir zum ersten Mal, dass dies mit ziemlicher Sicherheit eine Form der Vaskulitis, einer mir unbekannten Erkrankung, sei. Sie wies mich umgehend in ein Krankenhaus ein, wo sie in ihrer Krankenhaustätigkeit schon mehrere solcher Fälle behandelt hatte. Hier bestätigte sich rasch der Verdacht auf Vaskulitis. Eingehende Untersuchungen führten dann zu dem Ergebnis Wegener'sche Granulomatose. Was diese Diagnose allerdings bedeutete, konnte ich zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht ahnen. Eigentlich war ich froh, dass man überhaupt etwas gefunden hatte, denn langsam glaubte ich auch schon selber, dass ich mir meine Krankheit nur einbildete.

Es begann jetzt die Behandlung mit Kortison und Cyclophosphamid, immer begleitet von dem Staunen der Ärzte, einen solchen Wegener noch nie gesehen zu haben, denn ich hatte keine Beteiligung der Lunge und des Nasenbereiches, was eine frühzeitige sichere Diagnose erschwerte. Einzig meine Finger und die Niere waren in Mitleidenschaft gezogen.

Nach der ersten Behandlungswelle wieder zu Hause, begann ich sofort im Internet nach mehr Informationen zu suchen. Als erstes wurde ich außer auf einige englischsprachige Artikel auf die Klinik Bad Bramstedt und die VPS aufmerksam. Hier sah ich zum ersten Mal, dass diese Krankheit doch nicht so selten war, wie ich zuerst glaubte. Aber wesentlich wichtiger für mich war der Hinweis auf die 6. Vaskulitis-Informationstagung am 14.10.2000 in Bad Bramstedt. Obwohl ich nicht wusste, was mich hier erwartet und ich die Rheumaklinik nicht kannte, stand für mich fest, mit meiner Frau an der Veranstaltung teilzunehmen. Zwischenzeitlich hatte ich erste telefonische Kontakte mit der VPS und brannte darauf, diese hilfsbereiten Menschen kennen zu lernen.

Wurde ich bisher noch eher als Einzelfall behandelt, konnte ich auf dieser Infoveranstaltung feststellen, dass die Zahl der Betroffenen doch wesentlich größer ist als ich zunächst angenommen hatte. Verwundert war ich auch über die Offenheit der Betroffenen und die Hilfe, die mir von allen Seiten angeboten wurde. Doch diese beeindruckende Veranstaltung bewirkte bei mir noch etwas ganz anderes. Gespräche mit Mitgliedern der VPS stärkten meinen Wunsch, auch eine lnformationsgruppe oder Ähnliches im Großraum München zu organisieren. Tief beeindruckt von allem, was ich in Bad Bramstedt erlebt hatte, kehrte ich nach München zurück, zwar mit einer Idee im Kopf, aber noch keiner konkreten Vorstellung, wie mein Wunsch zu verwirklichen war.

Dies änderte sich schlagartig, als ich einen Oberarzt des Krankenhauses München Bogenhausen kennen lernte, der zwischenzeitlich eine Vaskulitis Veranstaltung in München abgehalten hatte. Er war bitter enttäuscht über die schlechte Resonanz auf seine Veranstaltung, die leider nicht publik gemacht worden war. Selbst akute VaskulitisFälle wie ich waren nicht verständigt worden. So beschlossen wir spontan, eine Selbsthilfegruppe zu gründen. Dass hier einige Probleme auftreten können und dass unser Vorhaben mit sehr viel Arbeit verbunden ist, sollten wir in den nächsten Wochen feststellen. Trotz aller Rückschläge werden wir unseren begonnenen Weg aber nicht verlassen. Zwischenzeitlich haben wir eine Homepage ins Internet gestellt, in der nicht nur Termine abgefragt werden können, sondern in einem offenen Vaskulitis-Forum auch Betroffene Fragen stellen können, die entweder von ebenfalls Betroffenen oder einem Arzt beantwortet werden. Wir stehen zur Zeit noch am Anfang, aber vielleicht kann ich zur nächsten Ausgabe des VPS Newsletter von den ersten Erfolgen berichten.


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