erschienen in der Pittsburgh Post-Gazette am 04.05.2004 unter der URL:http://www.post-gazette.com/pg/04125/310527.stm

Reprinted from the pages of the Pittsburgh Post-Gazette; ein herzliches Dankeschön an die Pittsburgh Post-Gazette für die Genehmigung, den Artikel übersetzen und dann veröffentlichen zu dürfen.
Übersetzung Birgit Wiedenmann-Naujoks

Eine persönliche Tragödie hilft der Allgemeinheit

von John Fries

Sohn erstaunt über Reichweite der Webseite, die er nach dem Tod seiner Mutter geschaffen hat. Sie starb an einer merkwürdigen Krankheit, die PAN heißt.

Zu Beginn des Jahres 1998 wurde Florence Becker aus Valencia plötzlich krank. Sie litt an leichtem Fieber, starken Kopfschmerzen, häufigem Nasenbluten und fühlte sich extrem erschöpft.

Die Untersuchungen ihres Arztes ergaben keinen Aufschluss. Ihr Zustand verschlechterte sich so, dass sie im Juli ins Krankenhaus eingewiesen wurde. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten die Nieren von Frau Becker nur noch mit 2 Prozent Kapazität, und ihr Blutdruck war in einem kritisch hohen Bereich. Der Fall verblüffte jeden, der an ihrer Behandlung beteiligt war.

Schließlich zeigte eine Nierenbiopsie, dass sie an Polyarteriitis Nodosa litt, kurz PAN, einer seltenen Autoimmun-Erkrankung, die, wenn sie nicht frühzeitig behandelt wird, eine hohe Sterblichkeitsrate aufweist. Die Diagnose kam zu spät. Frau Becker starb im September 1998.

Als Frau Becker erkrankte, suchte ihre Familie an verschiedenen Stellen nach Antworten, auch im Internet. Es gab herzlich wenig Information, die die Angehörigen an PAN denken ließ.

Das hat sich geändert. Frau Beckers Sohn Ed hat eine Webseite erstellt, um so viel Information über PAN, wie er nur sammeln konnte, an so viele Leute wie möglich weiterzugeben.

Herr Becker, 42, er arbeitet als Internetentwickler bei "Mellon Financial", Downtown, hat ganze Nächte und Wochenenden damit zugebracht, alles zusammenzustellen. Das Web ging im März 1999 online und kann unter www.pansupport.org erreicht werden.

"Ursprünglich habe ich die Webseite nur als Hausarbeit für einen Webdesign-Kursus erstellt. Ich habe sie die ersten paar Wochen nicht einmal mehr überprüft. Als ich dann wieder auf die Seite guckte, bemerkte ich, dass mittlerweile 30 Besucher dort gewesen waren. Da wurde mir klar , dass es Menschen gibt, die diese Information brauchen."

Das sprach sich herum, jeden Tag gingen Emails ein. Die meisten Menschen fragten, wie sie mit anderen, die die gleiche Krankheit haben, in Kontakt treten könnten.

"Das ist schon interessant," sagt Becker. "Die haben nicht so sehr nach medizinischer Hilfe gesucht, sondern hauptsächlich nach anderen Betroffenen mit der gleichen Erkrankung. Das war genau das, wonach auch meine Mutter gesucht hatte, nachdem ihre Krankheit diagnostiziert worden war. Ich glaube, für jemanden mit einer so seltenen Erkrankung ist es wichtig zu wissen, dass es da noch jemanden gibt, der genau das gleiche durchmacht."

In der Zwischenzeit hat Herr Becker eine online Newsgroup geschaffen. Schon bald stießen die ersten Ärzte, die sich für PAN interessierten, hinzu und kommunizierten mit den Patienten. Ein Netzwerk entstand.

Fast fünf Jahre nach dem Tod von Florence Becker hat sich das PAN Research and Support Network (PAN-Forschungs-und-Unterstützungs-Netzwerk) zur weltgrößten online-Gemeinde für diese seltene Krankheit entwickelt -- in ihr gibt es mehr als 350 Patienten mit PAN, Familienmitglieder, Freunde, Mediziner und Forscher.

Ed Becker, Direktor des PAN Research and Support NetworkHerr Becker geht jeden Abend nach dem Essen online, um Email-Anfragen zu beantworten. Am Sonntagabend moderiert er online-Diskussionsrunden, die PAN-Patienten die Möglichkeit geben, Ärzten und medizinischen Forschern Fragen zu stellen.

Er stellt für sein Engagement keine Rechnung und hat für seine Mühen keinen Pfennig bekommen. "In gewisser Weise," sagt er, "glaube ich, dass dies meine Bestimmung ist, anderen zu helfen."

Im letzten Monat beging das Netzwerk seinen fünften Jahrestag mit der Herausgabe einer Quellen-CD "Living With PAN 2004: An Internet Guide to PAN and Autoimmune Disease." (Leben mit PAN 2004: Ein Internetführer für PAN und Autoimmunerkrankungen)

Die CD ist eine Zusammenarbeit zwischen Becker und Birgit Wiedenmann-Naujoks, einer Multimedia-Entwicklerin aus Hamburg, Deutschland, die dem Netzwerk beitrat, nachdem bei ihrer Mutter PAN diagnostiziert wurde. Sie hat eine deutsche Webseite, ähnlich der Beckers, geschaffen. Gewinne aus den 7$, die eine CD kostet, werden genutzt, um das Netzwerk weiter auszubauen.

Dr. Eric Hoy, ein Forscher der Universität von Texas Southwestern Medical Center, er studiert die Immunologie von Autoimmunerkrankungen, bereichert das Netzwerk und die wöchentlichen Diskussionsabende. Er stieß auf die Webseite während einer online-Recherche.

"Ich begann, mit Ed zu kommunizieren und ich las diese furchtbaren Geschichten von einigen der Patienten, die dem Netzwerk angehören. Ich habe noch einmal in meine Lehrbücher geschaut, von denen die meisten die Krankheit in einem Absatz oder sogar noch weniger abhandeln, und ich habe mich auch noch einmal mit den Aufzeichnungen von einigen der Patienten beschäftigt, die ich im Laufe der Jahre gesehen habe."

Hoy lernt von den Mitgliedern aus der ganzen Welt mehr über PAN.

"Ich bin häufig Menschen begegnet, deren Diagnose gerade erstellt worden war, und die voller Panik diese Webseite konsultierten, weil sie dachten, sie hätten eine tödliche Krankheit. Die Unterstützung und Hilfe der "alten Hasen" hat ihnen Mut gemacht, ihnen wurde bewußt, dass sie zwar eine ernste Erkrankung haben, dass das aber nicht zwangsläufig das Todesurteil bedeutet."

Die Webseite ist außerdem zu einer Quelle für Forscher geworden, die sich mit Autoimmun-Erkrankungen beschäftigen, und für Ärzte. Kürzlich haben die "National Institutes of Health" 6,25 Millionen Dollar bewilligt, um ein Vasculitis Clinical Research Consortium mit mehreren Zentren zu gründen, dass die klinische Erforschung von Autoimmun-Erkrankungen fördern soll. Becker hat mit dem Direktor der Studie über die Rolle gesprochen, die das PAN-Netzwerk bei der Forschung spielt. Becker hat kürzlich erlebt, wie das Leben so spiele kann.

"Vor einigen Monaten stieß ich auf eine Nachricht in einer Immunologie-Newsgoup von jemandem, der nach Informationen über PAN fragte, weil diese Erkrankung gerade erst bei seiner Mutter diagnostiziert worden sei," sagt er. "Als ich weiterlas, bemerkte ich, dass die Situation dieser Person sehr stark meiner eigenen ähnelte. Der Fragesteller wollte wissen, ob es jemanden gäbe, der ebenfalls mit PAN diagnostiziert worden sei. Ich hatte sofort das Bedürfnis, zu antworten und von meiner Gruppe zu berichten."

Dann entdeckte er etwas Unglaubliches: "Der Autor dieser Zeilen war....ich. Es war eine archivierte Nachricht an eine Immunologie-Newsgoup, die ich im August 1998 geschickt hatte, als ich verzweifelt auf der Suche nach einer Quelle für PAN-Patienten war. Und nun sitze ich hier und bin Direktor einer Gruppe, die ich selber vor fünf Jahren gebraucht hätte."

"Manchmal ist das Leben ironisch, nicht?"

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