Vaskulitis Neuling

Alles rund um das Leben mit Vaskulitis
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Anschilalo
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Re: Vaskulitis Neuling

Beitrag von Anschilalo »

Mal was anderes, ich bin nach RTX psychisch in einem desolaten Zustand. Bin vermehrt aggressiv und schwank dann zwischen Überforderung und Verzweiflung. Es regt mich alles auf und ich weine viel.
Kennt das jemand?
Zuletzt geändert von Anschilalo am Mo Sep 09, 2024 9:46 am, insgesamt 1-mal geändert.
Friedel
Beiträge: 163
Registriert: Do Jul 19, 2018 10:53 pm

Re: Vaskulitis Neuling

Beitrag von Friedel »

Liebe Anschilalo,
Ich kenne das nicht. Bin nach Rituximab immer nur sehr müde.
Ich bin sehr froh, dass es eine wirksame Behandlung bei GPA gibt, dass ich lebe und dass es mir - wenn auch eingeschränkt - gut geht. Mich kann nichts mehr aufregen und ich freue mich auch an Kleinigkeiten, wie meinen Garten, einen schönen Sonnenuntergang oder dass ich Kraft habe zum Spazierengehen. Ich stelle meine Erkrankung und mich selbst nicht in den Mittelpunkt sondern geniesse die schönen Augenblicke.
Ich wünsche Dir Gelassenheit und Freude am Leben.
Liebe Grüße
Marianne
Sammy
Beiträge: 214
Registriert: Mo Apr 11, 2022 12:02 pm

Re: Vaskulitis Neuling

Beitrag von Sammy »

Hallo Marianne,
du sprichst mir aus dem Herzen. Ich sehe das 100% genauso!
Freut euch am Leben und stellt die Krankheit nicht in den Mittelpunkt. Es gibt so viel Schönes im Leben.
Ich musste da auch erst an mir arbeiten, aber mittlerweile regt mich eigentlich kaum noch was auf und mir geht es gut.
Ich sehe RTX nicht als Gegner sondern als Chance. Und die ergreife ich. Glücklicherweise vertrage ich die Infusionen auch sehr gut. Ich verschlafe die ganze Zeit und danach bin ich Topfit.
LG Sammy
*Das Leben ist schön*
Karin 123
Beiträge: 384
Registriert: Sa Jul 09, 2022 3:42 pm

Re: Vaskulitis Neuling

Beitrag von Karin 123 »

Hallo Anja,

Der Umgang mit Krankheit, die Wertung, das ist ein riesen Problem. Der Umgang mit Angst und Ungewissheit. Aber da stellen sich viele Weichen. Kabat Zin hat ja sehr schön gezeigt, wie die Bewertung von Schmerz mit dem Schmerz selber verbunden ist. Methoden, die heute in Schmerzkliniken erfolgreich angewandt werden.

Eine RTX Infusion ist auch für mich anstrengend, obwohl ich nur da liege, aber abends bin ich platt. Es passiert ja auch viel im Körper. Und das Wissen darum. Das kann schon Angst machen. Und Angst ist eine gute Basis für Aggression. Wie auch immer. Vielleicht hilft es einfach zu akzeptieren, hier ist viel in meinem Körper passiert, das war Schwerstarbeit für ihn, aber wie Sammy sagt, ich bin dankbar, das es dieses Zeug gibt, denn als es das noch nicht gab, wäre ich vielleicht schon längst gestorben. Also eine Frage der Bewertung und Akzeptanz, der Sicht darauf. Da gibt es einerseits die Verführung sich ins Elend „reinzugrooven“, was durchaus auch Vorteile hat, aber schlußendlich hat man es dann an der Backe oder sich zu freuen, daß dem Körper was gegeben wurde mit der Krankheit klar zu kommen, was im Moment zwar anstrengend war, aber auch vorbei geht.

Grüße
Karin
Anschilalo
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Registriert: Sa Jan 27, 2024 2:50 pm

Re: Vaskulitis Neuling

Beitrag von Anschilalo »

Danke für eure Beiträge.

Was ich schreibe bedeutet ja nicht, dass ich nicht dankbar wäre, ganz im Gegenteil. Wie erwähnt habe ich die Infu erstmals völlig angstlos erlebt (in der Gewissheit "hier werden Sie geholfen") und auch geschlafen währenddessen und den Rest vom Tag auch verpennt. Einen Tag danach war ich erstaunlich fit, Tag 2 und 3 haben es jetzt grad in sich. Sowohl körperlich als auch psychisch (hängt ja auch alles zusammen). Eigentlich wollte ich wieder meine Gymnastik machen, das geht leider noch nicht, ich brauche die Kraft für den normalen Tagesablauf.

Natürlich freue ich mich am Garten oder dass ich wieder alles schmecken kann, keine Frage. Ich würde mich auch freuen, wenn ich wieder spazieren gehen könnte - kann ich aber noch nicht. Also da wo ihr schon raus seid, bin ich noch mittendrin.
Ich weiß, jeder ist anders und jeder geht auf seine Art und weise damit um. Die eine Art mag besser sein als die andere, aus seinem Grundcharakter kann man aber nicht zu 100% raus. Wie sagte mal jemand so treffend:
"Es gibt 2 Arten Menschen: die Besorgten und die Unbesorgten."
Wie toll, wenn ihr eure Sorgen leichter beiseite schieben könnt, ich muss mich etwas länger mit ihnen befassen bevor ich sie loslassen kann.
Mir ist schon klar worauf ihr hinaus wollt und ich erkenne Sinn und Zweck eures Ansinnens.
Ist ja nicht so, als würde ich mich nicht schon Jahrzehnte mit psychologischen Zusammenhängen beschäftigen (auch mit der inneren Einstellung und Selbstheilung).
Anekdotisches Beispiel: meine Psychotherapeutin wurde selbst sehr krank und entwickelte daraufhin Todesängste. Mein Gedanke, dass sie ja wisse "wie es geht", war ein Irrglaube. In ihrer größten Krise konnte sie die Dinge, die sie jahrelang predigte für sich selbst nicht anwenden.

Will sagen, es nicht so einfach, weil jeder anders tickt.

So, und nun muss ich noch einen kranken Igel einfangen heute, der muss zur Igelhilfe (im Garten ist eben auch nicht nur Freude btw). Und ich wünschte, ich könnte ihn selbst bringen, geht aber nicht, ich hoffe die Nachbarn erbarmen sich.

Grüße
Anschilalo
Karin 123
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Re: Vaskulitis Neuling

Beitrag von Karin 123 »

Wie toll, wenn ihr eure Sorgen leichter beiseite schieben könnt, ich muss mich etwas länger mit ihnen befassen bevor ich sie loslassen kann.

Ich glaube, so geht es genau nicht. Beiseite schieben geht nicht. Eher mit Reingehen und Zulassen. Ich selber bin eher die Ängstliche, Sorgenvolle, der Vertrauen, insbesondere in Ärzte und Therapien, schwer fällt. Sicher gibt es viele Wege, ich kann nur von meinem berichten. Ich bin eher still geworden, mochte nicht mehr drüber reden. Bei mir ist es eher so, je mehr ich rede, desto mehr entferne ich mich von dem Gefühl, der Angst, der Unsicherheit. Mein Problem war der Umgang mit Endlichkeit. GPA ist unberechenbar, extrem rezidivfreundluch, es gibt viel Ungewißheit und ich will immer Sicherheit und Berechenbarkeit. Genau das gibts hier nicht. Ich habe mich viel damit beschäftigt. Manchmal denke ich,ich bin durch, manchmal gar nicht. Aber es hat sich was getan. Heiterkeit und Leichtigkeit sind eingezogen. Nicht immer, aber oft. Das ist von alleine passiert und ich glaube möglicherweise eine Konsequenz davon die Endlichkeit wirklich an sich ran zu lassen.

Bei anderen ist vielleicht eher der Umgang mit Schmerz das Thema oder mit Einschränkungen. Allen gemeinsam dürfte sein, man muss sie an Bord nehmen, wenn man sie ohnehin nicht ändern kann.

Ich habe unbedingt diesen Rückzug und Stille gebraucht. Von dem Leid erzählen, hätte mich nur davon entfernt. Und ich wollte nicht die ganzen vielen Ratschläge hören. Für mich ein Weg, den man alleine gehen muss. Aber ob das für alle gilt, da bin ich mir nicht sicher. Aber ich kenne auch sehr viele Leute, die sehr viel drüber reden und sich irgendwann über die Krankheit definieren. Wie sollte man die Krankheit loslassen können, wenn man sich selbst darüber definiert. Aber jeder braucht auch sein Tempo. Man kann nichts erzwingen.

Grüße
Karin
Anschilalo
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Re: Vaskulitis Neuling

Beitrag von Anschilalo »

Schöner Beitrag, danke Karin.
Ich habe gestern dazu ein Video gesehen, wenn man immer über Probleme redet, hält man sie am Laufen. Zufälliges nächstes Video im Anschluss: wenn man alles in sich reinfrisst auch.
Tja. Komplette Verwirrung.
Ich komm schon noch drauf. ;-)
Karin 123
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Re: Vaskulitis Neuling

Beitrag von Karin 123 »

Ach, ich glaube das ist egal. Ob man redet oder nicht. Vielleicht Typsache. Letztlich scheint mir wichtig, daß man wirklich in Kontakt kommt zu der Sache. Ich bin jemand, wenn ich sabbel, rede ich mich gern weg. Tiefen Kontakt kann ich nur alleine machen. Es mag andere Leute geben bei denen es anders ist. Das merkst du, wenn du genau hinschaust, ob du dich entfernt von dem was wirklich drückt oder nicht. Ansonsten ist da immer noch ein Unterschied zwischen Gefühl und Sprache. Ein Gefühl hat ja erstmal keinen Namen und wenn man ein Wort draufpackt, ist das manchmal auch nur eine Idee oder ein Konzept. Einfach mal ehrlich rumexperimentieren.
Sammy
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Re: Vaskulitis Neuling

Beitrag von Sammy »

Hallo Anschilalo,
das ist vermutlich tatsächlich eine Typfrage, aber für mich ist es schon ein Unterschied. Nur weil ich nicht ständig über meine Krankheit rede und sie nicht zu meinem Lebensmittelpunkt mache "fresse" ich nichts in mich rein. Ich habe einfach gelernt damit zu leben, was bleibt uns den auch übrig?
Ich genieße mein Leben in vollen Zügen und habe Spaß, trotz Krankheit. Natürlich ist die Krankheit auch mal Thema, wenn ich wie gestern zur Therapie in die Klinik muss, wenn ich wie vor 3 Wochen eine Coronainfektion habe, aber grundsätzlich lebe ich mein Leben wie vorher auch. Wenn alles nur um dir Krankheit kreiselt, dann hält man die Probleme (Gerade mit der Psyche) eben tatsächlich am Laufen. Schau auf die schönen Dinge im Leben. Ich habe mir gleich zu Beginn meiner Krankheit einen Armreif gekauft auf dem steht "Das Leben ist schön". Denn das Leben ist tatsächlich schön! Finde deinen Weg, definiere dich nicht über deine Krankheit, Geh raus, nach deinen Möglichkeiten, such dir einen Verein oder eine Gruppe die dich auf andere Gedanken bringen. Schmeiß die Lebensfreude nicht weg!! Dafür ist das Leben zu wertvoll!
LG Sammy
*Das Leben ist schön*
Karin 123
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Re: Vaskulitis Neuling

Beitrag von Karin 123 »

Hallo Anja, hallo Sammy,

so verschieden sind die Menschen! Und beide Wege scheinen zu gehen. Anja, finde Deinen. Ich würde mir nie „Das Leben ist schön“ auf einen Armreif schreiben. Ist es für mich nicht. Angefangen von familiären Problemen, Beziehungsproblemen, gesellschaftlichen/politischen Problemen, völlig unsinnigen Kriegen, den Trumps in dieser Welt, Raffgier und Leben im Konsumrausch usw, so schön finde ich das Leben nicht. Auch die scheiß Krankheit hätte ich gern weg.

Niemals würde „ Das Leben ist schön“ für mich funktionieren. Für mich sind Freude und Leid irgendwie miteinander verwoben. Gerade vor dem Hintergrund von Leid erlebe ich Glück intensiver. Für mich ist es eher sehr intensives Spüren, Erleben, sich öffnen … ja, ich glaube die Öffnung ist wichtig. Vielleicht hätte es die Öffnung ohne die Krankheit gar nicht gegeben? Keine Ahnung.

Vielleicht gibt es keine Patentrezepte. Nur sich immer tiefer reinschrauben in Krankheiten und sich darüber definieren, geht bestimmt nicht. Wie könnte man es loslassen, wenn man sich darüber definiert. Aber vielleicht braucht man auch das in einer gewissen Phase. Bis einem das selber zum Hals raus hängt und das einem die Kraft zur Umorientierung gibt. Und wenn man so merkt, daß das Sackgassen sind.

So jetzt halte ich die Klappe zu dem Thema.

Grüße
Karin
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