ich wende mich mal wieder mit einem Problem an Euch.
Seit Beginn meiner Krankheit und dem ersten Ulcus habe ich das starke Gefühl, dass die Ärtze und ich irgendetwas wichtiges übersehen, dass wegweisend wäre.
Mein derzeitiger Ulcus hat die letzten Wochen leider große Ausmaß angenommen. Nachdem das Bein um den Ulcus am Wochenende zunehmend rot wurde und Punkte bekam, die knallrot und stecknadelkopgroß sind, habe ich am Sonntag beim Verbandwechsel mal näher geforscht. In der Wunde ist ein dicker, fester weißer Belag. Er sieht aus, wie der Versuch der Haut, die Wunde zu schließen. Dieser Belag öffnete sich an einer kleinen Stelle und darunter war ein Loch, das fast schwarz war. Ich habe ein Wattestäbchen mit Octenisept desinfiziert und damit das Loch unter der Wunde ausgekundschaftet. Es ist fast 2 cm tief, in alle Richtungen gehen Gänge.
Wir sind sofort zum ärztlichen Bereitschaftsdienst. Dieser meinte, sofort in die Notaufnahme KH, wir dürfen nicht bis morgen warten. Weiter in die Notaufnahme. Dort saßen wir dann 5 Stunden ohne einen Arzt gesehen zu haben. Wir sind spät abends dann wieder nach Hause und entschieden uns, am nächsten Morgen zum Chirurgen unseres Vetrauens zu gehen.
Dieser hat die Prozedur mit dem Wattestäbchen wiederholt, allerdings mit einer Eisenzange. Dann schickte er mich postwendend mit Einweisung ins Krankenhaus. Dieses Mal in ein anderes. Dort angekommen, war ich die erste von all den Menschen, die dort warten mussten. Es sieht nun wie folgt aus:
Das Bein ist nicht akut kritisch, aber das ist nur ne Frage der Zeit. Man wollte mich sofort aufnehmen, doch ich muss diese Woche dringend Dinge erledigen, die keinen Aufschub mehr haben dürfen. Nun haben wir uns darauf geeinigt, dass ich am Montag in aller Ruhe, geordnet zum stationären Aufenthalt erscheine.
Das Bein hat laut Schätzung der Ärzte auf mindestens 15 cm Länge/Breite und 2 cm Tiefe nekrotische Fistelgänge. Sie erstrecken sich vom Ulcus fast bis zum Knöchel. Sie müssen das halbe Bein öffnen und alles tote Gewebe entfernen. Vorher wird es ein MRT geben um zu schauen, wie weit die Nekrose fortgeschritten ist. Ich wurde darauf vorbereitet, dass ich im schlimmsten Falle das Bein verliere, denn eine Knochenschädigung ist bei dem Ausmaß eine große Gefahr.
Die Ursache dieser nekrotischen Fistel kann nur vermutet werden. Im Endeffekt wissen die Ärtze nicht, warum sie da ist. Aber es wäre eine Möglichkeit, dass dies eine Manifestation einer schweren Hautsarkoidose sein kann, bzw. meine noch nicht wirklich ermittelte rheumatische Erkrankung dahinter steckt.
Ich sage heute Nachmittag Bad Bramstedt ab. Dies wäre am 20.03. gewesen. Also falls jemand von Euch dringend auf einen Termin wartet, um circa 15 Uhr wird einer frei ab 20.3. ....

Mir gehen hier jetzt viele Fragen durch den Kopf. Ich verspreche Euch schon mal, dass ich nicht vergesse, dass hier keine Ärzte antworten.

1. Wenn diese Fisteln und der Ulcus immer wieder durch meine rheumatische Erkrankung entstehen und nicht wirklich abheilen können, wie sollte nach einem Debridement eine Heilung denn stattfinden? Ich bekomme doch derzeit nur Erhaltungsdosis Predni (noch bei 7,5 - Reduzierung kommende Woche wieder) und Arcoxia. Wer sagt mir, dass nach dieser OP nicht der restliche Teil vom Bein auch anfängt. Dass es sich nicht immer weiter frisst oder bei Entfernung des Beins: Wieso sollte der Stumpf abheilen, wenn die Ursache dieser Entstehungen nicht behandelt wird?
2. Ist Euch schon ein mal zu Ohren gekommen, dass jemand sein Bein oder ein Gliedmaß verloren hat durch Entzündungen und Nekrose, die durch eine rheumatische Erkrankung hervorgerufen wurde?
3. Hat jemand von Euch Erfahrungen mit der Sanaklinik in Lübeck? Können die nach der chirurgischen Arbeit eine zuverlässige Diagnostik in Sachen Rheumatologie auf dem Niveau von BB durchführen?
4. Was macht ihr, wenn ihr nicht laufen könnt? Wie soll ich bitte Wochen lang mit Krücken laufen? Das kriege ich niemals hin. Meine Hände und Schultern werden das schon nach 2 Tagen nicht mehr hinkriegen... Was für Alternativen gibt es da. Rollator? Aber das würde voraussetzen, dass ich das Bein schon wieder belasten dürfte. Doch das wird lange nicht der Fall sein...

5. Ich werde eine Thromboseprophylaxe bekommen müssen. Allerdings bekome ich von Heparin Monate lang schlimmen Haarausfall. Kennt ihr Alternativen?
All dies werde ich auch die Ärtze fragen, sobald ich die Gelegenheit bekomme. Außerdem werde ich meine Rheumatologin anrufen und ihr alles erzählen. Da sie selbst im Ärzteteam BB war, wird sie bestimmt wissen, was wir tun können.
Nach all den sachlichen Dingen muss ich Euch nicht sagen, wie es derzeit in meinem Herzen und meiner Seele aussieht. Am 29. werde ich 29 Jahre. Wenn ich Glück habe, habe ich dann noch mein Bein. Doch ein schöner Geburtstag wird das sicher nicht. Dieses ganze Thema hat mich emotional noch nicht erreicht. Der große Schock ist noch nicht da.
Ich muss ehrlich sein, ich fürchte mich unsagbar vor den kommenden anstrengenden Wochen und Monaten und vor all dem.
Ich habe so viel an diese Krankheit verloren. Wann hat das ein Ende... Es fühlt sich an, als liefe ich einen Marathon und bin schon seit 5 km aus der Puste, aber muss immer weiter laufen. Es belastet mich jedes Mal sehr, wenn ich ins Krankenhaus muss. In Krankenhäusern ist dieses Klima. Seit meiner Kindheit verbinde ich damit Menschen, die sehr krank sind und um die man Angst haben muss. Und ich kann euch nicht sagen, wie sehr ich es hasse, immer wieder in ein Krankenhaus zu müssen. Die Menschen, ihre Geschichten, die man zwingendermaßen mitbekommt. Jedes Mal bekomme ich im Krankenhaus eine emotionale Krise. Ein absoluter Ausnahmezustand und ich fange an, grimmig zu werden, mich abzuschotten, mit keinem Menschen außer den Pflegern zu reden, nicht essen zu können. Es ist ein automatischer Prozess, ich kann das nicht durch eine positive Einstellung unterbinden. Habe ich bereits versucht...
Das einzige, was mich tröstet ist, dass ich nicht allein bin. Ich bin zu meiner Familie gezogen, damit ich dies alles nicht mehr allein durchmachen muss. Dass ich sie nun an meiner Seite habe, gibt mir etwas Kraft, obgleich es die Verzweiflung nicht mindern wird, die mich noch erwartet.
Ich komme mal zum Ende. Wünsche Euch allen eine schöne restliche Woche und haltet die Öhrchen steif.

LG Lotta