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von sisyphos » Mi Mär 06, 2024 1:07 pm
Hallo Zongo, Karin, Hope, Alice, Anna und alle,
Eure bisherigen Überlegungen und Erfahrungen möchte ich gerne ergänzen und würde mich über Eure Einschätzung dazu freuen.
Kurz zu meiner Situation: Diagnose GPA seit 03.2018. Stationäre Notaufnahme in Vaskulitiszentrum wegen Nierenbeteiligung. Teilnahme an Avacopan-Studie. Mit Induktionstherapie nach Leitlinie seit 07.2018 vollständige Remission erreicht. Nierenfunktion ist stabil. Seit 09.2018 Erhaltungstherapie alle 6 Monate ambulant Rituximab 500mg. Alle Laborwerte (ausgenommen B-Lympho CD19/20, IgG) sind im Normbereich.
Nach mehr als 5 Jahren RTX könnte ja grundsätzlich eine Deeskalation der Therapie mit RTX erwogen werden. Da ich mich bisher unter der Therapie wohl fühle und das Risiko eines Rezidivs der AAV nicht in Kauf nehmen möchte, habe ich im Gespräch mit meinem Rheumatologen vereinbart, die Therapie mit RTX 500mg bei guter Wirksamkeit und Verträglichkeit zunächst halbjährlich aber nicht lebenslang fortzusetzen.
Folgende aktuellen Überlegungen in Stichworten haben mich zu meiner Entscheidung unter Unsicherheit geführt.
Wenn man RTX absetzt oder den Zyklus verlängert, weiß man bis heute nicht ob und wann ein Rezidiv kommt und welches Organ es betrifft. Das kann 10 Jahre gut gehen oder auch nur ein halbes Jahr. Die Krankheit ist ja nicht weg und es scheint nicht die Frage ob, sondern nur wann ein Rezidiv kommt.
Man weiß nicht, ob sich das Immunsystem nach RTX und wenn ja, wann und wie gut wieder aufbaut. Es kann also sein, dass ein Rezidiv vor Erholung eintritt, ein Organ Schaden nimmt und die Absetzung von RTX „umsonst“ war.
Es gibt keine Studiendaten über einen Rezidivverlauf.
Es gibt nach wie vor keine eineindeutig sicheren Frühindikatoren, die vor einem Rezidiv warnen könnten: PR3 Anca oder der Anstieg der B-Lymphozyten haben sich als Indikatoren nicht bewährt: Ein Rezidiv ohne Laborwerte-Anstieg ist genauso möglich wie kein Rezidiv trotz Anstieg
Größtes Risiko von RTX auf Dauer: eine Infektion, z.B. eine Lungenentzündung, verläuft eher schwer. Ein PML-Fall ist in der Klinik meines Rheumatologen noch nicht vorgekommen und insgesamt äußerst selten.
Eine RTX Absetzung wäre notwendig bei häufig schweren Infekten oder bei einem Serum-IgG unter einem kritischen Wert. Bei einer RTX-Absetzung müssten regelmäßig kritische Werte im Blut gecheckt werden, die auf einen Krankheitsherd hindeuten könnten, weil man ein Rezidiv ggf. ja erst gar nicht merkt wie z.B. in der Niere. Aber auch andere Organe (Gehirn, HNO, Haut, Augen, ...) müssten regelmäßig gecheckt werden.
Letztendlich scheint mir die Frage der RTX-Absetzung oder Intervallverlängerung eine sehr persönliche Trial-and-Error Geschichte und eine persönliche Abwägung zwischen der Sicherheit der RTX-Gabe alle 6 Monate und der Rezidiv-Risiko-Bereitschaft bei RTX-Absetzung zu sein. Nicht zu unterschätzen ist m.E. auch die Belastung der Lebensqualität und psychische „Damoklesschwert-Situation“, wenn man bei jedem „Zipperlein“ einen Rezidiv-Beginn befürchten müsste.
Welche Erfahrungen habt Ihr mit Euren ähnlichen oder anderen Entscheidungen gemacht und wie lange nehmt Ihr RTX oder wie war es mit einer RTX Absetzung?
Bleibt achtsam.
Gruß
sisyphos