Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Alles rund um die Medikamente und sonstige Therapien, die mit Vaskulitis im Zusammenhang stehen
Anschilalo
Beiträge: 61
Registriert: Sa Jan 27, 2024 2:50 pm

Re: Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Beitrag von Anschilalo » Mo Apr 01, 2024 1:36 pm

Ich verstehe nur Bahnhof.
Was ist denn der Unterschied zwischen CD 19 und CD 20?

Hope
Beiträge: 745
Registriert: Mi Jun 06, 2018 11:16 am

Re: Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Beitrag von Hope » Mo Apr 01, 2024 2:00 pm

Hallo Anschilalo,

CD20 ist ein Protein, das sich
auf der Oberfläche von B-Zellen befindet (CD20-B-Zellen)
aber auch
auf den Tumorzellen, gegen die Rituximab entwickelt wurde. Deshalb enthält Rituximab CD-20-Antikörper. Sie dienten ursprünglich dazu, bestimmte Tumorzellen zu beseitigen. Da diese Antikörper über CD20 auch an die CD-20-B-Zellen andockt, werden diese auch zerstört. Bei den Tumorpatienten war dies sicherlich unerwünschte Nebenwirkung; bei GPA-Patienten erwünschte Wirkung, da dadurch auch die CD-19-B-Zellen eliminiert werden. Diese sind für die Antikörperproduktion zuständig. Also: Keine CD-19-B-Zellen — keine Antikörperproduktion — keine Autoantikörperproduktion — somit Abnahme der Entzündungen (dies ist natürlich nur Eingang grobes Schema)

CD20-Antikörper dürfen nicht mit unseren CD-20 B-Zellen oder den von unseren B-Zellen bei einer Erkrankung sezernierten Antikörpern verwechselt werden.

Bei einer Erkrankung kommt von außen ein Antigen, das letztendlich in unserem Körper die zu diesem Antigen passenden und das Antigen beseitigenden Antikörper entstehen lässt.

I.R.der Therapie ist es genau umgekehrt. Unsere CD20B-Zellen sind quasi das Antigen, für das im Labor passende und die CD20-B-Zellen entfernende Antikörper produziert werden. Wie oben schon geschrieben, ist Rituximab deshalb ein CD-20 Antikörper.

LG
Hope

Anschilalo
Beiträge: 61
Registriert: Sa Jan 27, 2024 2:50 pm

Re: Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Beitrag von Anschilalo » Di Apr 02, 2024 3:29 pm

Vielen DAnk Hope, du kannst echt gut erklären.

Was ich noch nicht kapiert habe ist, warum dieser Mechanismus so lange dauert?
Also RTX rein, B-Zellen platt (dachte ich) und alles sollte besser werden. Wie ich lese entwickelt sich die volle Wirkung von RTX erst nach (ca.) 6-20 Wochen, wie ist das erklärbar? Zumal sich die B-Zellen ja kurz drauf wieder erholen/neu gebildet werden (daher ja nach 6 Monaten wieder RTX)?

viele Grüße
Anja

Hope
Beiträge: 745
Registriert: Mi Jun 06, 2018 11:16 am

Re: Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Beitrag von Hope » Di Apr 02, 2024 9:36 pm

Hallo Anschilalo,

hierzu habe ich keine Erklärung aus fachkundiger Quelle. Doch das die Wirkung nicht ganz so schnell eintritt, wie von Dir erhofft, kann ich schon nachvollziehen.

Aktuell kann ich leider nur vage schreiben, dass Rituximab einige Tage im Blutkreislauf verbleibt, somit alle Regionen des Körpers durchfließt und somit die Chance hat, alle CD20-B-Zellen zu eliminieren. Auch wenn Rituximab gut an CD20 bindet, ist es u.U. nicht selbstverständlich, dass sich gleich bei der ersten Begegnung von Rituximab und CD20 eine Verbindung entsteht.

Es ist nicht so, als hätte man in einem Glas nur Rituximabmoleküle und im anderen Glas nur CD20-Moleküle, könne beides zusammengeben und hätte in kurzer Zeit die gewünschte Verbindung. Im Blut gibt es die unterschiedlichsten Bestandteile, von denen ich nicht weiß, ob sie sich auf die gewünschte biochemische Reaktion neutral auswirken.

Nun geht es aber nicht nur um die Molekülverbindung, sondern die dadurch „gekaperte“ B-Zelle (CD20-B-Zelle) muss auch eliminiert werden.

Während diese Prozesse laufen, werden sicherlich noch CD20-B-Zellen nachgebildet und so dauert es etwas, bis alle CD20-B-Zellen und somit auch die CD19-B-Zellen eliminiert sind.

Oben hatte ich geschrieben: Keine CD19-B-Zellen - keine Autoantikörper -
keine Entzündung. Dies ist extrem vereinfacht. Tatsächlich wird durch die B-Zellen eine Entzündungskaskade angestoßen, in deren Verlauf unterschiedliche Zellen und biochemische Stoffe mobilisiert bzw. freigesetzt werden.

Diese bereits angestoßenen Entzündungskaskaden können durch den oben beschriebenen Wirkmechanismus des Rituximabs nicht mehr beeinflusst werden. Sie müssen so abklingen. Hier hilft das Kortison, das aufgrund einer anderen Wirkungsweise die Entzündungen schnell in den Griff bekommt und beim Absetzen leider auch schnell wieder aufflammen lässt.

Viele Grüße
Hope

Anschilalo
Beiträge: 61
Registriert: Sa Jan 27, 2024 2:50 pm

Re: Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Beitrag von Anschilalo » Mi Apr 03, 2024 10:49 am

Oh wow, wieder tipptopp erklärt. Lieben Dank für deine Mühe ♡

sisyphos
Beiträge: 93
Registriert: So Mär 01, 2020 1:56 pm

Re: Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Beitrag von sisyphos » Mi Apr 03, 2024 4:56 pm

Hallo Karin und Sammy,
in der neuen Leitlinie steht ja u.a., dass es von der individuellen Entscheidung von Arzt und Patient bzw. Patientin abhänge, ob bei einer RTX-Langzeittherspie von mehr als 48 Monaten das RTX künftig gestreckt oder ganz beendet werden soll. Studiendaten gebe es dazu nach wie vor keine und auch verläßliche Biomarker als Frühindikatoren für ein Rezidiv würden nach wie vor fehlen.

Ich habe mich ja aktuell für eine Fortsetzung von RTX 500mg halbjährlich entschieden. Wie ist denn vor diesem Hintergrund Euer Stand der Entscheidungsfindung pro/contra RTX Absetzung bzw. Erfahrungen nach Absetzung?
Beste Grüße
sisyphos

Sammy
Beiträge: 173
Registriert: Mo Apr 11, 2022 12:02 pm

Re: Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Beitrag von Sammy » Do Apr 04, 2024 7:55 am

Hallo Sisyphos,
meine Entscheidung steht eigentlich schon fest: Ich werde, wenn meine Ärzte es für richtig halten, RTX ganz absetzen. Diese Entscheidung stand für mich von Anfang an fest und ich habe sie an Erfahrungswerten von anderen Patienten und auch von meinen Ärzten festgemacht. Ich habe Kontakt zu einigen Patienten, die bereits seit mehreren Jahren medikamentenfrei leben und keine Probleme haben. Das ist aber nach wie vor eine individuelle Entscheidung. Für mich ist jedoch klar, das ich es versuchen werde, wenn es soweit ist. Denn die Nebenwirkungen von Rituximab sind ja auch nicht ohne und wenn die Ärzte der Meinung sind, ein Versuch des Absetzens wäre angebracht, dann werde ich das tun. Aktuell jedoch dauert das bei mir vermutlich noch ein Jahr. Ich tue das ja auch nicht leichtfertig, sondern verlasse mich da auf die Ärzte meines Vertrauens. Ich habe bereits vor einem Jahr Prednisolon komplett abgesetzt (Nach 1,5 Jahren) und dieses Jahr MTX komplett abgesetzt. Aktuell bekomme ich also "nur" Rituximab". Mir geht es körperlich sehr gut, das heißt für mich, die Linie die wir fahren ist erstmal gut.
Laut den Leitlinien, ist ja ein Absetzen von RTX auch das Ziel der Therapie. Einem möglichen Rezidiv könnte man dann mit der gleichen Therapie wieder erfolgreich begegnen.
Wie gesagt, ich sehe die positiven Dinge im Leben immer an erster Stelle, deshalb glaube ich daran, das es funktionieren wird :-)
LG Sammy

Karin 123
Beiträge: 312
Registriert: Sa Jul 09, 2022 3:42 pm

Re: Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Beitrag von Karin 123 » Do Apr 04, 2024 8:54 am

Hallo Sisyphus,

auch ich tendiere dazu es abzusetzen. Ein Gespräch Mitte April mit dem Rheumatologen steht jedoch noch aus. Ist erstmal meine Richtung. Und auch da haben wir noch Zeit für die Entscheidung. Die letzte Infusion war im Dezember und da war das Intervall schon 9 Monate.

Wie Sammy sagt ist das Ziel in der Medizin ja ganz absetzen. Man wird es ohnehin nicht lebenslang machen und mich schreckt insbesondere bei Fortsetzung, daß die Immungobuline dann auf Strecke immer weiter runtergehen.

Es gibt einen Bereich von Nichtwissen im Leben und der macht Angst. Es gibt viele,viele Risiken, nicht nur die GPA. Manche kennen wir gar nicht, manche sind weniger bewußt und präsent. Viele davon akzeptieren wir als Alltagsrisiken und hier bei der Krankheit rückt das sehr nah und bewußt an uns ran. Bei manchen von uns war der Schock gewaltig durch die erlebte Aktivität, bei mir mittel. Hatte es zwar in der Lunge, aber nur leicht. Das ist einem schon in die Glieder gefahren und das will man nicht nochmal.

Aber ich denke, es gilt es als Risiko an Bord zu nehmen, sorgfältig zu überwachen, aber nicht da, wo nix ist mit gewaltigen Geschützen mit hohen Nebenwirkungen aufzuwarten. Ich versuche es, mich von dem Gedanken an totale Sicherheit zu verabschieden. Ob mir das letztlich gelingt, weiß ich nicht.

Mein Weg ist etwas anders als bei Sammy. Ich bin nicht so optimistisch. Ich bin eher jemand, der gern auch die finsteren Löcher ausleuchtet. Der sich nach der Krankheit viel mit Tod und Endlichkeit auseinandergesetzt hat. Und für mich passt das gut. Was für andere grausig klingt, hat mir viel Lebensfreude geschenkt. Ich lebe bewußter und genieße das, was da ist. Was mir noch fehlt, wären solide Zahlen zur Rezidivhäufigkeit nach Absetzen.

So zumindest aktuell mein Plan. Aber erstmal hören, was der Rheumatologe dazu meint. Ob ich das so schaffe,weiß ich nicht. Auch mich kann die Angst kalt erwischen und dann weiß man nicht, was passiert.

Grüße
Karin

Hope
Beiträge: 745
Registriert: Mi Jun 06, 2018 11:16 am

Re: Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Beitrag von Hope » Do Apr 04, 2024 1:21 pm

Sammy hat geschrieben:
Do Apr 04, 2024 7:55 am
Ich habe Kontakt zu einigen Patienten, die bereits seit mehreren Jahren medikamentenfrei leben und keine Probleme haben.
Hallo Sammy,
sind das alles GPA-Patienten oder auch Patienten mit MPO, EGPA oder anderer Vaskulitis?
Viele Grüße
Hope

Anschilalo
Beiträge: 61
Registriert: Sa Jan 27, 2024 2:50 pm

Re: Behandlungsdauer Rituximab - RTX

Beitrag von Anschilalo » Do Apr 04, 2024 2:30 pm

Karin 123 hat geschrieben:
Do Apr 04, 2024 8:54 am
Was mir noch fehlt, wären solide Zahlen zur Rezidivhäufigkeit nach Absetzen.
Liebe Karin,

das mit den Zahlen ist immer so eine Sache. Wenn sie gut sind, zieht man sich dran hoch. Wenn die Aussichten jedoch mies sind, zieht mich sowas immens runter und macht mich hoffnungslos.
Eigentlich geben sie nicht wirklich viel her, ich glaub ich hab es schon mal geschrieben: UNSERE Krankheit ist so selten, rein statistisch hätte ich mich da auch drauf verlassen "ah nee, das is selten, das krieg ich nicht".

Übrigens hab ich letztens wo gelesen (hab es leider nicht gebookmarked) dass GPA in seltenen Fällen eben doch heilbar ist.Ob das belastbare Ausssagen sind weiß ich nicht, es klang aber beser als "unheilbar".

Und @Karin: Lebensfreude durch durchleuchten der dunklen Ecken? Ticke ähnlich wie du. Aber bei Lebensfreude bin ich noch nicht angekommen. Derzeit bringt mich alles Schöne nur zum weinen (und das Unschöne sowieso).

LG
Anja

Antworten