Impfungen bei Immunsuppression: Wichtig für die Patienten – aber mit welchen Besonderheiten?

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giite
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Impfungen bei Immunsuppression: Wichtig für die Patienten – aber mit welchen Besonderheiten?

Beitrag von giite » So Mai 10, 2020 12:09 pm

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mpfungen bei Immunsuppression: Wichtig für die Patienten – aber mit welchen Besonderheiten?
Dr. Klaus Fleck

INTERESSENKONFLIKTE 26. März 2020
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Berlin – Der vermehrte Einsatz von Biologika und Immunmodulatoren hat vielfach für bessere Therapie- und Überlebenschancen von Patienten mit inflammatorischen und onkologischen Erkrankungen gesorgt. Gleichzeitig vergrößert er jedoch die Gruppe immunsupprimierter Patienten mit erhöhtem Infektionsrisiko.


Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt

Umso wichtiger ist für diese Patienten eine umfassende Impfversorgung – welche Besonderheiten es dabei zu beachten gilt, erläuterte Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt vom Institut für Spezifische Prophylaxe und Tropenmedizin der Medizinischen Universität Wien beim 21. CRM Forum Reisen und Gesundheit in Berlin [1].

Mehrfach erhöhtes Infektionsrisiko
„Patienten mit chronischen Erkrankungen und Immunsuppression“, so die Wiener Vakzinologin, „haben ein bis zu 3- bis 4-fach erhöhtes Infektionsrisiko – bei manchen immunsuppressiven Therapien ein noch deutlich höheres Risiko für bestimmte Infektionen – und damit zusammenhängend eine etwa 1,5-fach erhöhte Mortalität im Vergleich zu gleichaltrigen Personen ohne diese Grunderkrankungen bzw. ohne Immunsuppression.“ Dieses höhere Risiko gilt etwa für Infektionen mit Influenzaviren, Pneumokokken, Meningokokken und Herpes zoster, aber auch für HPV-assoziierte Erkrankungen, Hepatitis B und C sowie Tuberkulose.

Patienten mit chronischen Erkrankungen und Immunsuppression haben ein bis zu 3- bis 4-fach erhöhtes Infektionsrisiko. Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt
„Impfprävention hat deshalb für immunsupprimierte Patienten eine große Bedeutung“, betonte Wiedermann-Schmidt. Dabei bestehe allerdings die Problematik, dass Impfungen in Abhängigkeit vom Grad der Immunsuppression weniger wirkungsvoll sind oder sogar kontraindiziert sein können.

Relevant für die Impfentscheidung sind sowohl Patienten-spezifische Kriterien (Allgemeinzustand, Alter, laufende Therapie, weitere Grundkrankheiten) als auch Impfstoff-spezifische Aspekte (inaktivierte Vakzine oder Lebendvakzine sowie Impfvorgeschichte), wobei Booster-Impfungen generell unproblematischer als Grundimmunisierungen sind.

Totimpfstoffe unproblematisch, Lebendimpfstoffe primär kontraindiziert
Inaktivierte Impfstoffe können auch bei höhergradiger Immunsuppression ohne Sicherheitsbedenken verabreicht werden, der Erfolg der Impfung (Schutz und Schutzdauer) ist jedoch oftmals verringert.

Zur Einschätzung des möglichen Impferfolgs bei einem immunsupprimierten Patienten mit unklarem Immunstatus kann eine sogenannte diagnostische Impfung sinnvoll sein, wie die Expertin erläuterte: Dabei wird z.B. mit einer Diphtherie-Tetanus-Vakzine geimpft und 1 Monat vor und 1 Monat nach der Impfung der Titer bestimmt. Der eingetretene Titeranstieg lässt sich dann als Maß für die Immunkompetenz des Patienten verwenden.

„Anders als Totimpfstoffe gelten Lebendimpfstoffe wie z.B. gegen Masern oder Varizellen bei immundefizienten Menschen primär als kontraindiziert – von einzelnen Ausnahmen in Abhängigkeit vom Suppressionsgrad abgesehen“, so Wiedermann-Schmidt.

3 Grade der Immunsuppression
Wie stark ein Patient immunsupprimiert ist, lässt sich der Wiener Vakzinologin zufolge in 3 Grade einordnen:

Grad I gilt für Erkrankungen/Therapien ohne relevante Immunsuppression: Beispiele sind eine Kortison-Kurzzeittherapie (unter 2 Wochen, < 20 mg/d), Tumor-Chemotherapie vor mehr als 3 Monaten (bei B-Zell-Therapien vor mehr als 6 Monaten) oder ein gut eingestellter Diabetes mellitus. Diese Patienten können in der Regel sowohl inaktivierte Impfstoffe als auch Lebendvakzine erhalten.

Grad II gilt für Erkrankungen/Therapien mit leichter bis mittelgradiger Immunsuppression: Beispiele sind eine Kortisontherapie mit regelmäßiger Tagesdosis von < 20 mg (oder > 20 mg/d für weniger als 2 Wochen), eine niedrig dosierte Therapie mit Immunsuppressiva (wie Methotrexat < 4 mg/kg/Woche) oder chronische Nieren- oder Lebererkrankungen sowie ein fortgeschrittener Diabetes mellitus. Bei solchen Patienten ist die Verwendung von Lebendvakzinen stark eingeschränkt, bei Totimpfstoffen kann eine Impferfolgsprüfung nötig sein.

Grad III gilt für Erkrankungen/Therapien mit hochgradiger Immunsuppression: Beispiele sind eine schwere HIV-Infektion, akute hämatologische und metastasierte onkologische Erkrankungen oder eine Therapie mit den meisten Biologika wie z.B. TNF-α-Inhibitoren (Adalimumab, Rituximab u.v.a.). Sie schließen die Verwendung von Lebendimpfstoffen weitgehend aus, stellen aber auch den Impferfolg bei inaktivierten Vakzinen in Frage, was Titerkontrollen nötig machen kann.


Bevorzugtes Impfen vor Therapiebeginn
„Da Immunsuppressiva wie Biologika das Infektionsrisiko erheblich erhöhen, sollte möglichst bereits vor Therapiebeginn für den Infektionsschutz gesorgt werden“, betonte Wiedermann-Schmidt. Dabei sei auch von Bedeutung, dass die Dauer der Immunsuppression durch ein Biologikum von dessen Zielstrukturen im Körper abhängig sei und nicht mit der Dauer der Behandlung und der Halbwertzeit des Präparats korreliere.

Da Immunsuppressiva wie Biologika das Infektionsrisiko erheblich erhöhen, sollte möglichst bereits vor Therapiebeginn für den Infektionsschutz gesorgt werden. Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt
„Bei Diagnosestellung einer jeden chronischen Erkrankung und vor der Einleitung von Therapien mit immunsuppressiver Wirkung gilt es, die Impfversorgung mit einzubeziehen, den Impfstatus zu erheben, Impflücken zu identifizieren und diese entsprechend den nationalen Impfempfehlungen nach Möglichkeit zu schließen“, so Wiedermann-Schmidt.

Umgebungsprophylaxe: Kontaktpersonen des Patienten einbeziehen
Bedeutsam ist das Impfen vor Therapiebeginn in erster Linie für Grundimmunisierungen, während Auffrischimpfungen meist auch noch während der Therapie möglich sind.

Grundimmunisierungen mit inaktivierten Impfstoffen sollten der Wiener Vakzinologin zufolge spätestens 2 Wochen vor Therapiebeginn mit Immunsuppressiva erfolgen, Lebendimpfungen allerspätestens 4 Wochen vor Beginn der Behandlung.

Ein wichtiger Aspekt in der Betreuung immunsupprimierter Patienten sei zudem die Einbeziehung der unmittelbaren Kontaktpersonen (Familie, Arbeitskollegen, medizinisches Personal) im Sinne einer Umgebungsprophylaxe: „Es sollte vermieden werden, dass nur der Patient geimpft ist, seine Kontaktpersonen hingegen potenzielle Infektionsträger sind.“

Wie impfen, wenn die Therapie bereits läuft?
Oft befinden sich Ärzte allerdings auch in der Situation, dass Impflücken eines Patienten erst bei laufender Therapie festgestellt werden. „Impfungen mit inaktivierten Impfstoffen sind hier bei Grad I der Immunsuppression bedenkenlos und bei Grad II und III (z.B. bei einer Biologika-Therapie) prinzipiell sicher und applizierbar“, sagte Wiedermann-Schmidt.

Generell sei dabei keine Unterbrechung bzw. kein zeitlicher Abstand zwischen Therapie und Impfung nötig. Allerdings zeigte eine Studie bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, die mit Methotrexat behandelt wurden, dass eine Unterbrechung der Therapie für 2 Wochen nach der Impfung den Impferfolg steigerte und zu keiner Verschlechterung der Arthritis führte. Booster-Impfungen während einer Therapie bewirken eine bessere Immunogenität als Erstimpfungen.

Impfungen mit Lebendimpfstoffen während einer immunsuppressiven Therapie sind ohne größere Einschränkungen nur bei Grad I möglich.

Bei Grad II können der Wiener Vakzinologin zufolge etwa Masern-Mumps-Röteln- (MMR-) und Varizellen-Zoster-Lebendimpfungen bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen unter der Voraussetzung appliziert werden, dass der Zustand der Patienten stabil ist. Dies schließe dauerhafte Low-dose-Medikationen mit Methotrexat, Azathioprin u.a. ein (z.B. bei Patienten mit rheumatischer Arthritis unter Methotrexat).

„Bei Grad III hingegen sind Lebendimpfungen generell kontraindiziert bzw. deren Applikation könnte höchstens nach längerer Unterbrechung der immunsuppressiven Therapie erfolgen.“ Für den Fall einer Biologikatherapie nannte die Wiener Expertin eine notwendige Unterbrechung von mindestens 3 Monaten und nach der Impfung nochmals eine Pause von 4 Wochen bis zur Fortsetzung der Therapie – das sei für die meisten Patienten keine Option.

Bei Bedarf schnelle Substitution mit Immunglobulinen
Was also tun, wenn die Therapie nicht unterbrochen werden kann, der Patient aber seronegativ ist? „Besonders wichtig ist, dass Kontaktpersonen wie Haushaltsmitglieder, Arbeitskollegen und behandelndes Personal über einen aktuellen Impfstatus verfügen – besonders gegen MMR, Varizellen und Influenza“, erklärte Wiedermann-Schmidt.

Besonders wichtig ist, dass Kontaktpersonen … über einen aktuellen Impfstatus verfügen – besonders gegen MMR, Varizellen und Influenza. Prof. Dr. Ursula Wiedermann-Schmidt
Für Patienten mit dauerhafter schwerer Immunsuppression (Anti-B-Zell-Therapie bei Autoimmunkrankheiten) empfiehlt sie darüber hinaus eine dauerhafte Substitution mit Immunglobulinen. Ist letztere nicht dauerhaft notwendig, sollte bei Masern- oder Varizellen-Kontakt akut Immunglobulin gegeben werden und bei Zeichen von Varizellen oder Herpes zoster außerdem eine sofortige antivirale Medikation erfolgen.

Individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung von Reiseimpfungen
Die Tatsache, dass viele Personen unter Biologika- und anderen immunsuppressiven Therapien auf Reisen nicht verzichten wollen, erfordert Wiedermann-Schmidt zufolge auch ärztliche Impfberatungen mit strenger Nutzen-Risiko-Abwägung von speziellen Reise-Impfungen.

Dabei sei immer eine Einzelfall-Betrachtung notwendig, bei der neben der Krankheits-, Therapie- und Impfanamnese u.a. das Reiseziel, die Reiseart, geplante Aktivitäten und die Charakteristika der Impfung (etwa ihre Sicherheit und Interaktionen mit der immunsuppressiven Therapie) zu berücksichtigen sind. Unter Umständen ist dann auch von einem Reiseziel abzuraten bzw. ein alternatives Ziel vorzuschlagen.
Zuletzt geändert von giite am Sa Mai 23, 2020 11:08 am, insgesamt 2-mal geändert.

Ralle13
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Re: Impfungen bei Immunsuppression: Wichtig für die Patienten – aber mit welchen Besonderheiten?

Beitrag von Ralle13 » Sa Mai 23, 2020 10:53 am

Leider nur gegen Cash zu lesen!

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