CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

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Hope
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CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

Beitrag von Hope » Mo Sep 18, 2023 10:19 pm

Hallo,

für Alle, denen -so wie mir früher-beim Lesen der Kopf schwirrt, und weil ich in den letzten Threads etwas von „CD20-Antikörper im Blut bestimmen“ gelesen habe, möchte ich einige Zusammenhänge klären:

CD20 ist ein Protein, das sich
auf der Oberfläche von B-Zellen befindet (CD20-B-Zellen)
aber auch
auf den Tumorzellen, gegen die Rituximab entwickelt wurde. Deshalb enthält Rituximab CD-20-Antikörper.

CD20-Antikörper dürfen deshalb nicht mit unseren CD-20 B-Zellen oder den von unseren B-Zellen bei einer Erkrankung sezernierten Antikörpern verwechselt werden.

Bei einer Erkrankung kommt von außen ein Antigen, das letztendlich in unserem Körper die zu diesem Antigen passenden und das Antigen beseitigenden Antikörper entstehen lässt.

I.R.der Therapie ist es genau umgekehrt. Unsere CD20B-Zellen sind quasi das Antigen, für das im Labor passende und die CD20-B-Zellen entfernende Antikörper produziert werden. Wie oben schon geschrieben, ist Rituximab deshalb ein CD-20 Antikörper.

Da dieser für die Tumortherapie entwickelte Antikörper an CD20 bindet, nutzt er uns auch in der Therapie der GPA, da er auch an die CD20 B-Zellen bindet und diese beseitigt, wodurch die Entzündungskaskade und letztendlich auch die Entzündungen gestoppt werden.



Warum bestimmt man nicht regelmäßig die B-Zellen, um individuell die Therapieintervalle festzulegen?

Anfang 2024 soll es neue Leitlinien geben, es bleibt abzuwarten, welche neuen Studien sich dort niederschlagen werden.

Aktuell sehe ich es so:
Zur Remissionsinduktion:

Bis heute liegen meines Wissens keine Studien vor, die auf einen B-Zellen-Wert verweisen können, der, solange er nicht überschritten wird, einen positiven Verlauf der Therapieinduktion gewährleisten kann. Aufgrund der derzeit vorliegenden Studien kann aber mit ziemlicher Sicherheit gesagt werden, dass die Induktion, wie in den Leitlinien und Beipackzetteln von Rituximab beschrieben, erfolgreich sein wird.

Zur Erhaltungstherapie mit Rituximab:

Nun, die Intervalltherapie entsprechend den individuellen B-Zell-Werten gibt es schon. Das haben wir z.B. in der Pandemie gesehen, als einige Patienten versuchten, die CD19- und CD20-B-Zellen möglichst hochklettern zu lassen.

Außerdem berichtete sisyphos, er habe mit seinem Arzt über eine Intervallverlängerung gesprochen und diese z.Zt. abgelehnt, wenn ich richtig erinnere, hat er auch die Beweggründe dargestellt.

ANCA hat das „Intervall auf unendlich verlängert“ 😉 und auch auf Chancen und Risiken hingewiesen.

sisyphos schrieb, er bekäme Rituximab bereits seit 2018. Bei mir läuft die Therapie schon einige Jahre länger. Deshalb konnte ich das Intervall schon auf 9 Monate verlängern. Um mich erneut möglichst sinnvoll impfen zu lassen und auch um Rituximab einzusparen, werde ich testen lassen, ob ich das Intervall noch weiter strecken muss bzw. kann.

Hope

Karin 123
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Re: CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

Beitrag von Karin 123 » Di Sep 19, 2023 12:32 pm

Hallo Hope,

danke für den Beitrag. Du bringt einen wichtigen Aspekt rein. Möglicherweise gibt es keine Untersuchungen darüber, wie erfolgreich eine B-Zellwachstum adaptierte Therapie wäre. Keine Zahlen, wieviel B-Zellen noch akzeptabel sind, keine Grenzwerte usw. D.h. auch keine Rückendeckung für den Arzt, der das auf eigene Faust macht. Ich selber würde mich sofort an einer solchen Studie beteiligen.

Beim nächsten Besuch in Kirchheim spreche ich das mal an, warum man das nicht macht und dass ich mich an sowas beteiligen würde. Die machen dort ja auch Studien. Und das wäre eine sehr fundamentale.

Ich könnte mit gut vorstellen, daß der Aspekt Haftung hier sogar wichtiger wäre als Gelddrucken.

Grüße
Karin

Hope
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Re: CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

Beitrag von Hope » Di Sep 19, 2023 6:45 pm

Hallo Karin,

aus meiner Sicht gibt es auch ein ethisches Problem. Rituximab wird bei organ- oder lebensbedrohender Erkrankung gegeben, z.B. einem Patienten mit schwerer Nierenbeteiligung.
Seine Nieren haben sich dank hoher oder sehr hoher Cortisongaben erholt. Das Cortison hat in dieser Höhe aber massive Nebenwirkungen, weshalb man möglichst schnell vom Cortison weg will. Also sagt der Arzt „wat nu“ und will Rituximab entsprechend den Empfehlungen geben, weil er weiß, dass es dem Patienten höchstwahrscheinlich (ist ja keine Maschine) bald besser gehen wird. Die erste Infusion ist gegeben, der Patient kommt nach einer Woche zur nächsten Infu. Doch ach, er wurde für die andere Probandengruppe ausgelost, die erst in drei Wochen wieder eine Infu bekommt, um zu prüfen, ob man mit weniger Rituximab auch erfolgreich ans Ziel kommt. Na ja, die zweite Infu hätte es sowie so erst nach 1 Woche gegeben und es sind erst 7 Tage vorbei. Dem Patienten geht es gut. Nach 12 Tagen beginnt er zu husten. Der Hausarzt stellt Beteiligung der Lunge und Erythrozyten im Urin fest. Der Patient erscheint wieder in der Klinik. Der Arzt ist betroffen, sagt wieder „war nu“, wieder hohes Cortison und dann Neustart? Der Arzt nimmt den Patienten aus der Probandengruppe. Woraufhin den anderen Probanden auch ein wenig mulmig wird.

Mal weg vom Rituximab und der Studie.

Zumindest früher galt, ein Medikament muss der Zulassung entsprechend angewendet werden. Waren z.B. verpflichtend 4 Einheiten zu geben, so durften, auch wenn es billiger gekommen wäre, nicht nur 2 Einheiten gegeben werden. Die Kasse hätte dies als Off-Label-Use angesehen und nicht gezahlt oder nicht zahlen müssen. Der Hintergrund ist für mich, dass die Kasse natürlich sicher sein will, dass die teure Therapie auch greift. Also, lieber das doppelte zahlen und einen gesunden Patienten, als nur die Hälfte zahlen und später nochmal. Ob und in wieweit es hier wieder die Möglichkeit gibt, Ausnahmegenehmigungen zu beantragen, weiß ich nicht.

Etwas anders gelagert war die Situation als Rituximab noch nicht für die Erhaltungstherapie zugelassen war. Damals war es möglich, Ausnahmegenehmigungen zu beantragen.

Bei den optimalen Blutwerten für die Erhaltungstherapie könnte man u.U. retrospektiv die Akten der Patienten auswerten, die sich für eine intervallverlängernde Therapie entschieden haben.

Zu guter letzt: Müssen die Pharmaunternehmen nicht auch bei Studien eingebunden werden oder zumindest bei Änderung der Zulassung?
In dem Fall ist die Frage, ob das Unternehmen daran interessiert ist, von 4 auf 2 Einheiten umzusteigen; ein Schelm, der Böses dabei denkt.

Liebe Karin, ich würde mich sehr freuen, wenn Du in Kirchheim nachfragen und hier berichten würdest.

Liebe Grüße
Hope

Karin 123
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Re: CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

Beitrag von Karin 123 » Di Sep 19, 2023 10:18 pm

Hallo Hope,

ja, ich frage mal. Bin aber erst im Dezember wieder da.

Das ist komplex. Und ich kenne mich mit medizinischen Studien nicht aus. Generell wenn es aber um Forschung geht, könnte ich mir vorstellen, dass Off Label Use etc. rausgenommen werden kann, denn sonst wären auch viele anderen Untersuchungen ja gar nicht möglich.

Vielleicht kann man auch mit weniger brisanten Fällen beginnen. Nicht direkt zu Anfang der Erkrankung, wo Infusionen im wöchentlichen Abstand stattfinden, sondern bei Patienten die schon längere Zeit in Remission sind.

Grüße
Karin
Zuletzt geändert von Karin 123 am Di Sep 19, 2023 10:48 pm, insgesamt 1-mal geändert.

Hope
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Re: CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

Beitrag von Hope » Di Sep 19, 2023 10:46 pm

Hallo Karin,
ich lese gerade Deinen Text, es ist schon spät, deshalb ganz kurz: Wie das Medikament jetzt aktuell zugelassen ist, d.h., ob die 4 Infus verpflichtend sind, weiß ich nicht.
Viele Grüße
Hope

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Re: CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

Beitrag von Karin 123 » Di Sep 19, 2023 10:54 pm

Hallo Hope,

ich denke Studien müssen außerhalb der Zulassungen stattfinden. Sonst könnte man ja nie was Neues entdecken.

Und auch der Wille des Patienten muss vorkommen können. Selbst wenn die Zulassung sagt, so und so lange oder so oft, dann gibt es immer noch den Patienten, der dem zustimmen muss. Ich habe vor der Behandlung keinen Vertrag unterschrieben, daß ich mich xxx Jahre damit behandeln lasse.

Gute Juristen werden das rausfinden, ob und wie man das mit Freiwilligen macht. Vermute ich aber als totaler Laie.

Guats Nächtle,

Karin

Hope
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Re: CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

Beitrag von Hope » Di Sep 19, 2023 11:29 pm

Hallo Karin,
jetzt melde ich mich doch nochmal. Du könntest natürlich die Remissionsinduktion z.B. nach der 1. Infu abbrechen. Doch wenn dies „nur“ geschieht, weil Dir die Angelegenheit doch nicht so ganz geheuer ist und nicht aus triftigen medizinischen Gründen, könnte ich mir vorstellen, dass die Krankenkasse die Kostenübernahme ablehnt und der Patient die schon erhaltene Infu selber zahlen muss, allerdings nur, wenn die Infu-Anzahl i.R. der Zulassung als verpflichtend angesehen wird, was ich ja leider nicht weiß.

Jetzt zurück in unser wirkliches Leben:

Du bist als Patient nicht verpflichtet auf Jahre hinaus Rituximab zu nehmen. Wenn Du nach der Remissionsinduktion die Therapie abbrechen oder auf ein anderes Mittel umsteigen wolltest wäre dies kein Problem. Dann müsstest Du die Kosten für die vier Infus der Induktion ganz sicher nicht erstatten.

Gute Nacht
Hope

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Re: CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

Beitrag von Karin 123 » Mi Sep 20, 2023 8:29 am

Hallo Hope,

ich rede nur über die Erhaltungstherapie und über die jahrelange Behandlung damit. Den Fall, dass jemand im Akutfall nach einer Infusion abbricht, war da nicht dabei. Und damit Studien zu beginnen, scheint mir auch nicht sinnvoll.

Aber wenn das so wäre, ich kann mich erinnern, dass ich vor Behandlung mit Rituximab einen Einverständnisbogen unterschrieben habe, der mich über Risiken aufgeklärt hat. Ich muss mal nachlesen, ob da auch eine Zustimmung zu 4 Infusionen drin war. Aus dem Gedächtnis nicht. Und selbst wenn ja, müßten dann auch die Konsequenzen (Kostenübernahmeerklärung) drin stehen. Das war garantiert nicht der Fall. In dem Fall kann ich mir nicht vorstellen, dass die Kasse da Forderungen stellen kann.

Aber wie auch immer. Ich dachte bei der gesamten Diskussionen nur an Leute, bei denen die GPA in tiefer Remission ist und die freiwillig (wie z.B. ich) bereit sind, sich für die Erforschung eines angepaßten Intervalls zur Verfügung stellen.

Grüße
Karin

Hope
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Re: CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

Beitrag von Hope » Mi Sep 20, 2023 10:27 am

Hallo Karin,
wenn es nur um die Erhaltungstherapie geht, sehe ich als Laiin auch keine ethischen Probleme.

Zwischenzeitlich habe ich auch auf der Seite der EMA und auf einem Beipackzettel nachgelesen, dass für die Infusionsgabe der Remission der Begriff „sollte“ gewählt wurde.

Viele Grüße
Hope

Du hast auch eine PN von mir.

Zongo
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Re: CD20, B-Zellen, Antikörper, Infu-Intervall-Verlängerung

Beitrag von Zongo » Mi Sep 20, 2023 8:46 pm

Hope hat geschrieben:
Di Sep 19, 2023 6:45 pm
Hallo Karin,

aus meiner Sicht gibt es auch ein ethisches Problem. Rituximab wird bei organ- oder lebensbedrohender Erkrankung gegeben, z.B. einem Patienten mit schwerer Nierenbeteiligung.
Hallo Hope,

ich weiss jetzt nicht genau, ob es ein Beispiel ist, oder es als gängige Praxis angesehen wird.

Fakt ist, dass 2019 eine akute GPA mit Nierenbeteiligung in aller Regel mit Infusionen von 1000 mg Prednisolon und 1.000-1500 mg Cyclophosphamid behandelt wurde. Letzteres in Abhängigkeit vom Gewicht (oder der Körperoberfläche ?). Bei Cyclophosphamid ist ab 12 Infusionen d.h 12 Monaten normalerweise Schluss. Hier weiss man, was das Zytostatikum auf Dauer anrichtet. Die Argumentation dafür ist bildlich gesprochen: Einen Tod muss man halt sterben.

Ich wollte nach 6 Infusionen raus und habe mich dann jedes mal für eine weitere Infusion überreden lassen. Obwohl ich schon lange in Remission war…Begründung: Machen Sie mal noch eine. Ist besser. Sieht die Richtlinie so vor.

Beste Grüsse,

M.

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