Riesenzellarteritis/Großgefäßvaskultis - Rückblick eineinhalb Jahre nach der Diagnose

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Daedalus
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Riesenzellarteritis/Großgefäßvaskultis - Rückblick eineinhalb Jahre nach der Diagnose

Beitrag von Daedalus » Sa Jul 02, 2022 2:11 pm

Bei mir wurde im Februar 2021 eine Großgefäßvaskultis diagnostiziert nachdem ich zuvor 3 Monate Fieber, massive Müdigkeit, sehr starkes Krankheitsgefühl als Symptome und stark erhöhte BSG und erhöhtes CRP als Entzündungsmarker hatte. Im PET-CT wurde eine 18F-FDG (radioaktiv markierter Zucker) Anreicherung in den Schlüsselbein- und Oberschenkelarterien festgestellt. Die Symptome kamen bei mir quasi über nacht - ich bin am Wochenende zuvor noch 90 km Rennrad gefahren, 7 Tage später ging es mir richtig schlecht. Aber - ich glaube mein bisheriger Krankheitsverlauf kann Hoffnung machen und zeigt, dass zumindest mit einer Großgefäßvaskultis/Risenzellarteritis ein Leben wie vor der Erkrankung möglich sein kann. Jeder Patient ist natürlich anders und so sind keine Verallgemeinerungen möglich, aber viele Menschen (so auch ich) sind nach der Diagnose vollkommen am Boden und deshalb dachte ich, dass die Schilderung meines positiven Verlaufs auch wichtig ist. Ich bekam als Medikamentation zu Beginn 40 mg Prednisolon und Tocilizumab (Spritzen 1x wöchentlich) und konnte so schnell das Prednisolon reduzieren (und dadurch die Nebenwirkungen limitieren). Nach etwa 2 Monaten begann ich wieder Sport zu treiben und etwa 6 Monate nach der Diagnose (kein Prednisolon mehr) war meine körperliche Leistungsfähigkeit wieder genauso wie vor der Krankheit. Ich habe immer viel Sport gemacht (Crosslauf, Rennradfahren und Mountainbike) und bin in den Monaten April bis Dezember 2021 auch schon wieder über 4000 km Rad gefahren. Ich bin auch beruflich wieder voll belastungsfähig und arbeite seit April 2021 wieder in Vollzeit als Wissenschaftler/Hochschullehrer. Jetzt fast eineinhalb Jahre nach der Diagnosenstellung kann ich sagen, dass mein Leben überhaupt nicht eingeschränkt ist und ich wirklich alles machen kann, was ich auch vor meiner Krankheit gemacht habe (und sogar noch deutlich mehr Fahrrad fahre als zuvor). Ich nehme noch Tocilizumab (alle 10 Tage), vertrage dieses Biologikum aber sehr gut (keine Nebenwirkungen, auch alle Blutwerte ok) und werde bis Ende des Jahres in Absprache mit meinem Rheumatologen versuchen es abzusetzen.

Ingeborg
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Re: Riesenzellarteritis/Großgefäßvaskultis - Rückblick eineinhalb Jahre nach der Diagnose

Beitrag von Ingeborg » Sa Jul 02, 2022 5:16 pm

Hallo Daedalus,
sei willkommen bei uns. Ehrlicherweise muß ich sagen, dass mir eine RZA im Schlüsselbein und Oberschenkel nicht bekannt war... Kannst Du mir sagen, was unternommen wurde, um auf diese Diagnose zu kommen? Ich steh wohl ein bißchen auf dem Schlauch.
Weiterhin alles Gute für Dich
und berichte uns weiter,
Ingeborg
Man muß sich von sich selbst auch nicht alles gefallen lassen.
(Viktor Frankl, 1905-1997)

Daedalus
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Re: Riesenzellarteritis/Großgefäßvaskultis - Rückblick eineinhalb Jahre nach der Diagnose

Beitrag von Daedalus » Sa Jul 02, 2022 6:33 pm

Liebe Ingeborg
der nicht kraniale Typ der Riesenzellarteritis, der die grossen Arterien im Körperstamm betrifft (Femoralarterien, Schlüsselbeinarterien aber auch Aorta ascendens und descendens) wurde bis vor einiger Zeit wirklich extrem selten diagnostiziert - seit der weiteren Verbreitung des PET-CT stellt sich aber vermehrt heraus, dass die Beteiligung der grossen Arterien des Körperstamms auch bei klassischer Risenzellarteritis (RZA) (die ja neben der Schläfenarterie va. die Sehnerv versorgenden Gefässe betrifft) und auch bei Polymyalgia Rheumatica (PMR) häufig auftritt (Muratore F, Pazzola G, Pipitone N, Boiardi L, Salvarani C. Large-vessel involvement in giant cell arteritis and polymyalgia rheumatica. Clin Exp Rheumatol. 2014 May-Jun;32(3 Suppl 82):S106-11. Epub 2014 May 15. PMID: 24854380.). Grossgefässvaskultis im Körperstamm, klassische RZA und PMR sind wohl als unterschiedliche Ausprägungen der gleichen Erkrankung zu sehen (und kommen häufig auch gemeinsam vor). Bei mir wurde Dopplerultraschall verschiedener Arterien durchgeführt, gefässdarstellendes (black blood) MRT (Kopf, Oberkörper) und PET-CET. Im PET-CT wurde eine vermehrte Einlagerung der radioaktiven Glucose in Schlüsselbein- und Oberschenkelarterien und ein wenig in der Aorta festgestellt - MRT und Ultraschall waren normal. Zusammen mit Sturzsenkung, CRP>60 und dem schnellen Ansprechen auf Prednisolon (und der anhaltenden Wirkung von Tocilizumab) ist das PET-CT zentral Kriterium für die Diagnose einer Riesentellarteritis/Großgefäßvaskulitis (im englischen of als GCA-LVV bezeichnet). Ein "Problem" beim Großgefäßtyp ist, dass keine klassischen RZA Symptome (wie Kopfschmerzen, Kauschmerz oder empfindliche Kopfhaut auftreten) - bei mir waren es einfach die klassischen B-Symptome die aber ja sehr unspezifisch sind - was die schnelle Diagnosenstellung eher schwierig macht (da hatte ich mit den drei Monaten bis zur Diagnose sehr viel Glück - und eine kompetenten Arzt)

Ingeborg
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Re: Riesenzellarteritis/Großgefäßvaskultis - Rückblick eineinhalb Jahre nach der Diagnose

Beitrag von Ingeborg » Sa Jul 02, 2022 8:07 pm

Danke Daedalus für die schnelle Antwort. Morgen werd ich mal noch Näheres darüber lesen. Man lernt ja nie aus. Immerhin hat´s die hohe Senkung und das schnelle Ansprechen auf Corti sowie die Wirkung durch RoActemra gemein ...
Man muß sich von sich selbst auch nicht alles gefallen lassen.
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Daedalus
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Re: Riesenzellarteritis/Großgefäßvaskultis - Rückblick eineinhalb Jahre nach der Diagnose

Beitrag von Daedalus » Sa Jul 02, 2022 10:08 pm

Das Paper hier zeigt das gesamte RZA -PMR Spektrum sehr gut auf : Dejaco, C., Duftner, C., Buttgereit, F., Matteson, E. L., & Dasgupta, B. (2017). The spectrum of giant cell arteritis and polymyalgia rheumatica: revisiting the concept of the disease. Rheumatology, 56(4), 506-515.

Wolke
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Re: Riesenzellarteritis/Großgefäßvaskultis - Rückblick eineinhalb Jahre nach der Diagnose

Beitrag von Wolke » So Jul 03, 2022 12:38 pm

Hallo Daedalus,
ich habe einen ähnlichen Befall der Arterien wie du.
Ein Problem ist, dass man mit Ultraschall bei den Oberschenkelarterien die Entzündung kaum sieht.
Ich hoffe für dich, dass es dir weiterhin so gut geht.
Alles Gute
Wolke

Snoopy2
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Re: Riesenzellarteritis/Großgefäßvaskultis - Rückblick eineinhalb Jahre nach der Diagnose

Beitrag von Snoopy2 » Di Apr 11, 2023 5:50 pm

Meine Lieben,
nun habe ich seit fast einem Jahr RZA und spritze mir einmal wöchentlich Tocilizumab. Trotzdem habe ich permanent Schmerzen, massiven Haarausfall und nun sind meine Leukozyten bei 17.000. Mein Angiologe hatte mir Cortison aufgeschrieben, jetzt bin ich bei 15mg. Heute habe ich in Bad Endbach angerufen ( Ich habe leider keinen Rheumatologen vor Ort) und mein Anliegen geschildert. Die erhöhten Leukozyten kämen nicht vom Tocilizumab, ich hätte irgendwo eine Entzündung und solle doch zur Hausärztin gehen… nun weiß ich gar nicht was ich konkret machen soll. Hat vielleicht jemand mit RZA auch schon mal erhöhte Leukozyten gehabt? Kennt ihr auch den massiven Haarausfall? Seit ihr schmerzfrei?
Viele liebe Grüße, Martina

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