Riesenzellartheritis

Alles rund um das Leben mit Vaskulitis
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Joschi1980
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Riesenzellartheritis

Beitrag von Joschi1980 » Sa Feb 12, 2022 10:12 am

In meinem Umfeld hat eine liebe Frau (65 Jahre) Ende Dezember 2021 die Diagnose Riesenzellartherits erhalten. Sie hatte enorm hohe Entzündungszeichen, war seit längerer Zeit schlapp/müde, hatte immer kalt, immer wieder starke Kopfschmerzen, Hüftschmerzen, Schmerzen in den Armen/Schulter/Nacken und immer wieder leicht erhöhte Körpertemperatur.
Im PET-CT hat man dann die Diagnose gestellt.

Die Therapie hat mit hochdosiert Kortison gestartet. Seit zwei Wochen ist das Kortison bereits deutlich reduziert und sie bekommt zusätzlich Roactemra alle 2Wochen gespritzt.
Allgemein fühlt sie sich minim besser, hat keine Schmerzen mehr. Sie ist aber noch immer extrem schlapp und müde.

Ich kannte dieses Krankheitsbild bis anhin nicht. Ich habe sehr viel gelesen darüber und vieles scheint nicht schön zu sein.
Gibt es hier Betroffene welche mir etwas Auskunft geben können über die Diagnose. Mich würde interessieren wie es euch geht, wie ihr euren Alltag meistert, habt ihr Lebensqualität.
Der Arzt hat gemeint, dass sie mind. 1- 1 1/2 Jahre rechnen muss bis es ihr einigermassen besser geht. Dies ist für mich extrem schlecht vorstellbar und tut mir einfach auch unheimlich leid. Sie (war) eine extrem aktive Person, ging 5-6 Wandern in den Bergen, ist Fahrrad gefahren, war gerne unterwegs. Aktuell kann sie 30min geradeaus spazieren und ist dann am Ende.
Freue mich auf eure Erfahrungen und hoffentlich auch etwas Zuversicht.

Ingeborg
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Re: Riesenzellartheritis

Beitrag von Ingeborg » Sa Feb 12, 2022 12:13 pm

Hallo Joschi,
es hilft der "lieben Frau" sicher viel, dass Du Dich um sie kümmerst. Gerade bei solch einer Erkrankung, die einen wie aus heiterem Himmel trifft.
Mit RZA kenne ich mich nicht gut aus, da ich eine andere Vaskulitisform habe. Aber ich kann Dir so viel sagen, dass RoActemra das Medi ist, dass bei RZA gut wirkt und eigentlich eine schnelle Wirkung zeigt. Die kann in 4 Wochen sein, aber auch erst nach 2-3 Monaten eintreten. Also insofern ist noch Platz.. Was mich aber wundert ist, dass sie nur alle 2 Wochen spritzt. Nach dem Therapieüberwachungsbogen* für Tocilizumab, das ist der Wirkstoff, sollte es jede Woche gespritzt werden.
Es könnte evtl. auch noch mit MTX verstärkt werden, wie ich las.
Der Einstieg mit hochdosiertem Corti war sicher richtig, da es schnell wirkt. Es wurde wohl zu schnell, d.h. vor Wirkungseintritt von RoActemra, reduziert und man könnte es noch ein bißchen erhöhen?
Müdigkeit und Schlappheit zeigen mir an, dass noch Krankheitsaktivität da ist.

Das sind nur meine Überlegungen dazu. Über die SuFu, z.B. mit RZA*, kannst Du frühere Beiträge finden. Es wird sich wohl auch unsere Wolke (Hallo Wolke!) noch melden.
Alles Gute der "lieben Frau"
und auch Dir,
Ingeborg
* Googel mal nach Therapieüberwachungsvögen der DGRh.
Man muß sich von sich selbst auch nicht alles gefallen lassen.
(Viktor Frankl, 1905-1997)

Dodo
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Re: Riesenzellartheritis

Beitrag von Dodo » Sa Feb 12, 2022 3:07 pm

Hallo,

Ich bekomme kein Tocilizumab, aber ich hatte zu Beginn auch die Hochdosiskortisontherapie.

Das Kortison hatte bei mir extrem viele Nebenwirkungen, ich konnte noch nicht mal 200m gehn ohne dass mein Blutdruck durch die Decke ist und ich umgekippt bin.
Bis zum Tag der Diagnose war ich sportlich aktiv, ging joggen, Radfahren, wandern trotz Vaskulitis, danach ging lange Zeit nicht mehr viel. Schwere Sachen tragen, Renovieren, ... fällt mir immer noch schwer vor allem über einen längeren Zeitraum. Ich fange nach 2,5 Jahren erst an wieder leistungsfähig zu werden, obwohl das Kortison schon lange ausgeschlichen ist. Ich übe mich in Geduld und bin über jeden Babyschritt dankbar.

Was ich damit sagen will ist, dass die Medis Nebenwirkungen haben können. Es ist aber meist schwer zu erkennen was jetzt der Grund für die Symptome ist. Dranbleiben, in kleinen Einzelschritten ausprobieren, in den Körper rein spüren.

Grüße Dodo

Wolke
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Re: Riesenzellartheritis

Beitrag von Wolke » Sa Feb 12, 2022 7:14 pm

Hallo Dodo,
du hast keine Riesenzellarteriitis, oder?

Hallo Joschi,
immerhin ist deine Bekannte momentan schmerzfrei.
Ich habe auch Riesenzellarteriitis und konnte anfangs nur noch schlecht laufen und mich bewegen und war unheimlich schwach.
Der Gesundheitszustand wird sich unter der Behandlung sicher bessern, aber so wie vorher wird es wahrscheinlich nicht mehr werden. Jeder Körper ist anders, jeder Krankheitsausbruch hat unterschiedliche Ausmaße, bei jedem wirken die Medikamente anders, daher ist es unmöglich zu beurteilen wie der Verlauf sein wird.
Bei mir ist Krankheit momentan soweit im Griff (ich bin vor 8 Jahren erkrankt). Aber als gut im Sinne von
"gesund und fit" würde ich das nicht bezeichnen. Man lernt mit der Krankheit zu leben, seine Lebensweise an die noch vorhandene Energie anzupassen.
Erfreulich ist, dass die RZA deiner Bekannten erkannt und dadurch rechtzeitig behandelt werden konnte.

Hallo Ingeborg,
Tocilizumab ist leider bei Riesenzellarteriitis nicht das Wundermittel auf das man gehofft hatte. Es wird bisher, nach meinem momentanen Kenntnisstand, nicht zur Langzeittherapie bei RZA eingesetzt und nach dem Absetzen kommt es häufig zu Rezidiven.

Liebe Grüße
Wolke
Zuletzt geändert von Wolke am So Feb 13, 2022 12:14 pm, insgesamt 1-mal geändert.

Joschi1980
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Re: Riesenzellartheritis

Beitrag von Joschi1980 » So Feb 13, 2022 11:00 am

Danke für eure Antworten.

Ich sehr, es ist nicht eine Erkrankung mit DER Therapie. Es muss wahrscheinlich probiert werden und falls nötig neu gesucht werden.
Ja, der Rheumatologe hat gesagt, dass Roacemtra wöchentlich gespritzt werden kann. Aktuell möchte er aber nur alle zwei Wochen. Warum genau, weiss ich gerade nicht.
Mich macht dies alles so hilflos, traurig und auch ich habe auch Angst vorallem was noch auf sie/uns zukommen wird.
So sehr wünsche ich ihr, dass sie Lebensqualität zurückbekommt und ihr Leben wieder geniessen kann.
Macht ihr Urlaub im Ausland? Ist dies noch möglich?
Was hilft euch von eurem Umfeld? Wie kann ich sie am Besten unterstützen?
So viele Fragen, aber ich habe das Gefühl ihr könnt mir einiges Beantworten. Danke vielmal dafür!

Ingeborg
Beiträge: 4220
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Re: Riesenzellartheritis

Beitrag von Ingeborg » So Feb 13, 2022 11:47 am

Hi Joschi,
allgemein ist zu sagen, dass, wenn man mit den Medis gut eingestellt ist, man wieder mehr Lebensqualität erfahren kann. Doch leider ist es wohl so, dass Kraft und Fitness nicht wieder die gleiche sein wird wie früher. Allein schon deshalb, weil man -gerade zu Beginn- damit beschäftigt ist, zu verarbeiten, dass man von einer Krankheit betroffen ist, die einem bleibt. So eine Erkrankung verändert den Menschen -mal mehr, mal weniger.
Wichtig scheint mir, dass Du der "lieben Frau" Deiner Hilfe versicherst, wenn Du meinst, es durchhalten zu können. Das gibt ihr eine gewisse Sicherheit. Voraussichtlich wird sie Dir dann ihre Sorgen und Empfindungen mitteilen wollen. Reden löst. Hör ihr zu, verneine nicht, bleib auf ihrer 'Höhe'. Das wäre m.E. das Wichtigste.

Höre ihr auch zu, um zu erfahren, was ihr früher Freude gemacht hat. Mit der Zeit wird wohl einiges davon wieder machbar sein. Evtl. frag danach und schau, was machbar ist. Freude ist so wichtig!

Vieles pendelt sich mit der Zeit wieder etwas ein. Es braucht aber Geduld. Lästig bleiben die regelmäßigen Arztbesuche für die Kontrollen. Du könntest ihr auch anbieten, sie zum Arzt zu begleiten, Denn wenn ihr Kopf voller Gedanken ist, kann sie kaum etwas aufnehmen. Und es schadet nicht, selbst informiert zu sein.
Mit allen guten Wünschen,
Ingeborg
Man muß sich von sich selbst auch nicht alles gefallen lassen.
(Viktor Frankl, 1905-1997)

Daedalus
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Re: Riesenzellartheritis

Beitrag von Daedalus » Mi Jun 22, 2022 7:51 am

Hallo Joschi,
Jeder Patient ist anders, deswegen sind persönliche Erfahrungen natürlich nicht auf andere übertragbar. Bei mir wurde im Februar vergangenen Jahres eine Riesenzellartheritis diagnostiziert- ich habe den Grossgefässvaskulitistyp und bei mir waren v.a. Schlüsselbein- und Oberschenkelarterien betroffen. Ich war vor der Diagnose drei Monate richtig krank mit Fieber, starkem Krankheitsgefühl (und sehr hohen Entzündungsmarkern). Ich bekam ebenfalls Kortison (Prednisolon) und RoActemra. Bei mir ging es ca. ein halbes Jahr, dann ging es mir wieder vollständig gut (nach 6 Monaten konnte ich das Kortison absetzen) und ich konnte alle Aktivitäten (auch Sport) die ich zuvor gemacht hatte wieder voll aufnehmen. Heute bin ich in vollständiger Remission und ich bin dieses Jahr schon über 3000 km Rennrad gefahren. Ich will einfach sagen, dass es Hoffnung gibt, und dass RZA meist sehr gut behandelbar ist. Mein Leben läuft genauso wie vor der Erkrankung und ich werde bis Herbst versuchen RoActemra abzusetzen. Viele Grüße A.

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