GPA und ständig neue "Baustellen"

Alles rund um das Leben mit Vaskulitis
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welu
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GPA und ständig neue "Baustellen"

Beitrag von welu » So Jul 14, 2019 2:37 pm

Ein herzliches Hallo in dieses Forum!

Nachdem ich schon seit geraumer Zeit "nur" mitlese, möchte ich mich nun doch einmal hier vorstellen.
Ich bin weiblich, 58 Jahre alt, inzwischen EU-verrentet, verheiratet, habe zwei Töchter und seit 6 1/2 Jahren weiß ich, daß sich der Wegener bei mir einquartiert hat.
Anfangs beschränkten sich meine Beschwerden hauptsächlich auf das linke Mittelohr (herkömmlich nicht behandelbare Mittelohrentzündung mit massivem Hörverlust) und der bekannten typischen B-Symptomatik (Nachtschweiß, ständig wandernde Muskel- und Gelenkschmerzen, starkes Krankheitsgefühl, Müdigkeit...) Meine Hausärztin und der HNO-Arzt waren irgendwann mit ihrem Latein am Ende. Erst als ich hochdosiert Prednisolon (zuerst 60 mg, nach einer Woche waren 100 mg nötig) nahm, tat sich etwas. So konnte ich die Wartezeit überbrücken, bis ich einen Termin beim Rheumatologen bekam. Ich hatte das große Glück, schon nach ca.3 Monaten seit der ersten offensichtlichen Symptome zu einem Spezialisten gekommen zu sein, der sich vorrangig mit seltenen rheum.Erkrankungen befasst. Nach umgehender Diagnosestellung GPA war erstes Ziel, von dem hohen Cortison weg zu kommen. Da ich zu dem Zeitpunkt noch keine Lungen- oder Nierenbeteiligung hatte, ging das relativ problemlos mit einer wöchentlichen MTX-Spritze. Nach einem halben Jahr fand mein Wegener sie zum "ko...", soll heißen: ich habe sie nicht mehr vertragen. Nach dem Wechsel zu Leflunomid ging es ganz gut und das Cortison konnte immer weiter reduziert werden. Bis ich Anfang 2014 Probleme beim Atmen bekam und einen schmerzhaften Husten. Lunge geröntgt, CT gemacht mit dem Ergebnis: großes Granulom auf der Lunge. Ab in die Klinik zum Beginn der Cyclophosphamid-Therapie. Die hatte nicht so ganz den gewünschten Effekt und wurde ergänzt mit Rituximab-Infusionen. Das Granulom ist weg, die Medis wurden immer weiter runterdosiert. Im Moment brauche ich wegen der GPA nur 10 mg Leflunomid täglich und 1x jährlich 500 mg Rituximab als Infusion.
Wenn das Alles wäre, käme ich damit gut zurecht. Im Laufe der Jahre gewöhnt man sich an alle möglichen Einschränkungen, ständige Infektionen, abnehmende Belastbarkeit, Polyneuropathie usw. Hauptsache die GPA verhält sich ruhig! Und ich weiß, dass ich im Vergleich zu vielen Anderen hier noch relativ gut weggekommen bin!
In letzter Zeit häufen sich allerdings andere Beschwerden. Folge der Medikamente? Oder Nebenschauplatz des Wegeners?
Im Januar wurde ein Lungenemphysem (aber wenigstens keine COPD) diagnostiziert. Letzte Woche habe ich mich einer Kieferhöhlenfensterung unterzogen, weil Nichts bis hin zur Akkupunktur gegen die chronische Entzündung geholfen hat. Daneben laufen noch Untersuchungen, weil ich neuerdings ständig zu hohen Blutdruck habe. Bisher hatte ich eher zu niedrigen Blutdruck...
Mein größtes Problem dabei ist, daß ich zu x verschiedenen Experten gehe, die untereinander nichts voneinander wissen wollen. Nur bei meiner Hausärztin kommen alle Befunde zusammen. Sie ist sehr engagiert, aber weiß auch um ihre Grenzen.
Eine Vaskulitis ist nun mal eine systemische Erkrankung mit vielen Facetten. Da sollten sich die Fachärzte doch untereinander besser abstimmen, um sich ein umfassendes Bild über den Patienten zu machen. Ein Blick über den vielzitierten Tellerrand hinaus käme uns sehr zugute.
Das würde ich mir wünschen.

In diesem Sinne
viele Grüße aus dem schönen BaWü
von welu

Hope
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Re: GPA und ständig neue "Baustellen"

Beitrag von Hope » So Jul 14, 2019 3:18 pm

Hallo welu
danke, dass Du Dich entschlossen hast, Deine Erfahrungen mitzuteilen und herzlich willkommen im Forum!

Da ich auch an GPA erkrankt bin, kann ich Deine Geschichte gut nachvollziehen. Allerdings hatte ich mit der Lunge keine Probleme. Deshalb weiß ich nicht, ob das Emphysem durch die GPA verursacht werden kann. Hast Du schon geklärt, ob RTX so etwas auslösen kann?

Mit den Kieferhöhlen haben leider viele GPA-Patienten Dauerprobleme. Dazu findest Du auch Berichte im Forum.

Da ich in der Vergangenheit auch Leflunomid nahm, weiß ich, dass es sowohl
den Blutdruck erhöhen, als auch
Polyneuropathie auslösen bzw. eine durch GPA entstandene PNP verschlechtern kann.
Nun sind 10 mg nicht viel. Doch hier solltet Ihr nochmal rekonstruieren, ob ein Zusammenhang bestehen könnte.

LG
Hope

welu
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Re: GPA und ständig neue "Baustellen"

Beitrag von welu » So Jul 14, 2019 3:40 pm

Hallo Hope,
danke für die freundliche Aufnahme hier und für deine schnelle Antwort mit den Tips.

Ganz ohne Nebenwirkungen kann so eine Dauertherapie mit welchen Medikamenten auch immer ja gar nicht einhergehen. Und letztlich ist es immer eine Entscheidung zw. Pest und Cholera. Es ist ein Teufelskreis. Und die Langzeit(neben)wirkungen sind bei einigen Medis noch völlig unbekannt. Wir gehen das Risiko ein, um ein anderes zu minimieren...
Die Ursache unserer Erkrankungen interessiert wohl vorrangig nur uns selber, wobei die Ärzte eher die Symptome behandeln wollen. Mir sind aber tatsächlich auch schon Ausnahmen diesbezüglich begegnet. Das lässt hoffen.

Alles Gute und lG
welu

Hartmut
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Re: GPA und ständig neue "Baustellen"

Beitrag von Hartmut » So Jul 14, 2019 6:06 pm

Hallo Welt

(aber wenigstens kein COPD )

Google mal Lungenemphysem und such dir einen Pneumologen.

LG. Hartmut

Ingeborg
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Re: GPA und ständig neue "Baustellen"

Beitrag von Ingeborg » So Jul 14, 2019 6:52 pm

Hallo welu,
auch von mir ein herzliches Willkommen bei uns. Mit GPA bin ich unmittelbarere Leidensgenossin, und Deine Geschichte kommt mir bekannt vor. Sie begann ebenfalls im HNO-Bereich und hier fand innerhalb von ein paar Wochen eine fast Taubheit im re. Ohr statt. Die konnte mit hochdosiertem Corti zunächst verbessert werden.
Später bekam ich MTX als Tabletten, doch da schrie die Leber auf -also abgesetzt. Ob MTX das Lungen- emphysem und die (leichte) Fibrose hinterlassen hat, ist nicht ganz geklärt (hört der Arzt nicht gern), zählt aber wohl zu den NW.
Die Kieferhöhlenfensterung... Wenn eine Entzündung bestand, ist bei GPA immer an Wegener zu denken. HIer handle ich so, dass ich das CRP prüfen lasse und ggf. mit Corti, je nachdem 30-60 mg, reagiere. Dann ist das meist passé. Wenn Corti wirkt, liegt immer eine Entzündung zugrunde. Hast Du es damit versucht?
Das Leflunomid ist dafür bekannt, dass es den Blutdruck erhöhen und eine PNP befördern und unterhalten kann. Bzgl. des Blutdrucks kann natürlich auch Streß im Hintergrund negativ wirken. Auch wenn sich die (chronische) Erkrankung nicht immer präsent zeigt, hat die Psyche doch auch damit zu tun und, nicht vergessen, RTX ggf. ebenfalls,
welu hat geschrieben:
So Jul 14, 2019 2:37 pm
Mein größtes Problem dabei ist, daß ich zu x verschiedenen Experten gehe, die untereinander nichts voneinander wissen wollen. Nur bei meiner Hausärztin kommen alle Befunde zusammen. Sie ist sehr engagiert, aber weiß auch um ihre Grenzen.
Eine Vaskulitis ist nun mal eine systemische Erkrankung mit vielen Facetten. Da sollten sich die Fachärzte doch untereinander besser abstimmen, um sich ein umfassendes Bild über den Patienten zu machen. Ein Blick über den vielzitierten Tellerrand hinaus käme uns sehr zugute.


Da kann ich Dir nur zustimmen. Das System -und sein ökonomischer Hintergrund- stehen dem jedoch entgegen. Dazu kommt, dass es sich um eine Seltene Erkrankung handelt, für die es nicht genug Spezialisten gibt. Da müssen wir oft so einige KM in Kauf nehmen. Du scheinst da einen guten Griff getan zu haben. Zumindest ist Deine HÄ, da sie engagiert ist, schon ein Glücksgriff. Solltest Du einen guten RheumaDoc, der Dich in B-W begleitet, suchen, kann ich Dir behilflich sein.

Für die Suchfunktiion ist übrigens das * (Sternchen) wichtig. z.B. Kiefernhö* eingeben.
LG Ingeborg
Man muß sich von sich selbst auch nicht alles gefallen lassen.
(Viktor Frankl, 1905-1997)

welu
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Re: GPA und ständig neue "Baustellen"

Beitrag von welu » So Jul 14, 2019 8:24 pm

@Hartmut,
auch wenn ich deinen Hinweis quasi schon beherzigt habe, vielen Dank dafür.
Ich bin seit Januar in einem Pneumologischen Zentrum in Behandlung und fühle mich dort auch gut aufgehoben. Die Anamnese war unglaublich detailreich und umfassend, vor allem in Hinblick auf die GPA mit Lungenbeteiligung. Alle meine gesammelten Befunde und Röntgen- und CT-Aufnahmen wurden in die Beurteilung mit einbezogen. Leider ist mir da erst aufgefallen, daß das Emphysem schon 2014 mit dem Granulom befundet wurde. Allerdings hat das damals keinen interessiert und mir als Laien ist das schon mal gar nicht aufgefallen. Da stand das Granulom im Fokus und die anstehende Therapie. Leider habe ich dadurch fünf Jahre Behandlungsmöglichkeit verloren und es hatte Zeit, sich auszubreiten und mich mit Husten und Atemnot zu quälen...
Jetzt wird es behandelt mit Novopulmon200 (Pulverinhalation) und kortisonhaltigem Medikament zur Feuchtinhalation. Besser wird es nicht mehr, aber ich hoffe, es wird nicht schlimmer.

@Ingeborg
auch dir danke für deine Anregungen.
Ich war ja bisher immer der Meinung, ich hätte für mich einen guten Rheumatologen erwischt. Er betreut tatsächlich nur Patienten mit seltenen Rheumaerkrankungen. Aber er sieht halt auch NUR die GPA, um die er sich kümmert und der Rest ist dann meine Sache. Die GPA hat er im Griff. Und für das, was an "Begleiterscheinungen" auftritt gibts ja schließlich genug andere Fachärzte. Und im Laufe der Jahre kommen auch bei mir immer mehr dazu.
Was die Kieferhöhlenentzündung betrifft, war es schon lange chronisch, also kein erhöhter CRP. Sie war lediglich auf dem CT sichtbar. Am Montag war die Fensterung und in zwei Tagen bekomme ich auch endlich den histologischen Befund. Die OP war problemlos und ich hoffe auch erfolgreich...

Schönen Abend und lG
welu

Ingeborg
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Re: GPA und ständig neue "Baustellen"

Beitrag von Ingeborg » So Jul 14, 2019 9:12 pm

Ein Arzt sagte mir mal: bilden sie sich ein Netzwerk. Auch dazu kann ich Dir einige Ärzte in B-W anzeigen. Allerdings erst morgen. Immerhin auch hast Du das Vaskulitiszentrum in Kirchheim unter Teck mit dem CA Prof. Hellmich in der Nähe.
Bis morgen also.
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Ingeborg
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Re: GPA und ständig neue "Baustellen"

Beitrag von Ingeborg » Mo Jul 15, 2019 12:10 pm

Hallo welu,
hab Dir gerade über PN ein paar Fachärzte in B-W mitgeteilt, die lt. Rückmeldungen von Betroffenen aufgesucht werden können. Eigene Erfahrung habe ich nicht. Dabei kommt es jedoch nur darauf an, dass sie Stellung zu GPA nehmen, also eine Beteiligung erkannen können. Hierfür fehlen dem Rheumatologen die spezifischen Instrumente. Eine systemische Behandlung werden sie nicht vornehmen, denn diese obliegt dem dafür ausgebildeten Rheumatologen.
Dir alles Gute.
Ingeborg
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welu
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Re: GPA und ständig neue "Baustellen"

Beitrag von welu » Mo Jul 15, 2019 2:14 pm

Ich danke dir, Ingeborg.
Ich trage mich schon eine Weile mit dem Gedanken, mich an so ein Vaskulitis-Zentrum zu wenden. Die Behandlung durch meinen Rheumatologen ist an sich optimal, nur fehlt mir eben der ganzheitliche Aspekt. Ich habe das Gefühl, ich verzettel mich mit den ganzen Nebenschauplätzen.
Und wie stelle ich es an, mich an so ein Zentrum überweisen zu lassen, ohne daß ich meinem Prof "auf die Füße trete"?

LG welu

Ingeborg
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Re: GPA und ständig neue "Baustellen"

Beitrag von Ingeborg » Mo Jul 15, 2019 4:28 pm

Ein "ganzheitlicher" Blick ist bei einer systemischen Erkrankung nie verkehrt. Soweit ich mich in Deine Situation hinein versetzen kann.. war eine gleiche Situation, als ich in eine Klinik "fremdging", für mich auch schon mal schwer. Der CA der Klinik wollte mich behandeln, ich lehnte ab, weil ich den ambulant Behandelnden nicht brüskieren wollte. Aus heutiger Sicht schade.
Besprich das mal mit Deiner HÄ. Evtl. mal einen Gesamtüberblick bekommen nach jahrelangem Stillstand und jetzt neu auftretenden Symptomen?? Letztendlich wirst Du möglichst wohnortnah jemanden brauchen. Es gibt zwar auch eine Ambulanz in Kirchheim. Doch trifft man in Ambulanzen meist auf wechselnde Ärzte, wie mir erzählt wird, was problematisch werden kann. Aber auch stationär muß man bei den Visiten den OA oder CA zu sprechen bekommen.
Guckst Du: http://www.vaskulitiszentrum-sued.de/ueber-das-vzs/abteilungen/
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