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Vaskulitis aus der Sicht einer Angehörigen

Hallo,

mein Name ist Kiara und ich möchte euch die Geschichte meines lieben Mannes erzählen, der an einer „Isolierten ZNS-Vaskulitis“ leidet. Er ist 45 Jahre alt. Wir wohnen am Fuß der schönen Schwäbischen Alb.

Die Diagnose wurde im August 2010 gestellt, nachdem er, nun schon zum 2. Mal einen Schlaganfall erlitten hat. Wie wir nun erfahren haben, hat er aller Wahrscheinlichkeit nach diese Krankheit schon seit längerer Zeit, sie wurde aber bisher nicht erkannt.

Bereits im Jahre 1998 wurde er nach längerer Zeit mit starken Kopfschmerzen stationär in der Klinik aufgenommen. Damals wurde auf eine Lymphozytäre Meningitis getippt. Danach sind keine Symptome mehr aufgetreten – bis zum Jahr 2007.

Wir waren mit Bekannten unterwegs, als ich feststellte, dass bei meinem Mann auf einer Seite der Mundwinkel nach unten hing. Ich rief sofort den Notarzt an und er kam in die Klinik. Diagnose: Weiß man nicht so genau. Im heutigen Bericht steht: Transitorisch-ischämische Attacke (für 2007).

Behandlung mit geringer Dosis ASS.

Dann Oktober 2009: Schlaganfall zu Hause.
Nach dem Aufstehen stolpert er aus dem Schlafzimmer und sagt, dass er sein Bein und kurz danach auch einen Arm nicht mehr richtig bewegen kann. Ich rufe daraufhin gleich den Notarzt. Eine sofortige systemische Lyse verhindert wohl schlimmere Folgen.
Er bleibt eine Woche in der Klinik. Da wird festgestellt, dass er ein peristierendes Foramen oval (Löchlein im Herzen) hat und vermutet, dass dies die Ursache für den Schlaganfall war.
Eine anschließende Reha bringt Erfolg, er kann sich wieder soweit bewegen und fängt danach wieder an zu arbeiten (Rekonvaleszenz).

Bis Mitte August 2010 arbeitet er wieder voll und mir fällt nichts Besonderes an seinem Verhalten auf.

Dann am 15. August 2010 wieder ein Schlaganfall, wieder Notarzt, wieder Lyse.
Nach eingehenden Untersuchungen sagt mit der Professor, dass mein Mann aller Wahrscheinlichkeit nach an einer „Isolierten ZNS-Vaskulitis“ leidet. Noch nie gehört, anscheinend was gaaaaanz Seltenes. Es müssten aber noch genauere Untersuchungen gemacht werden, evtl. auch eine Biopsie. Außerdem erfahre ich, dass der Schlaganfall die Region mit dem Gedächtnis getroffen hat. Diagnose: Verlust des Kurzzeitgedächtnisses. Nach Gesprächen mit einem befreundeten Arzt beschließen wir, meinen Mann in eine Klinik zu verlegen, die sich doch schon mehr mit der sehr seltenen Krankheit befasst hat.

In dieser Klinik werden noch genauere Untersuchungen gemacht.
Ich muss die Betreuung über die Gesundheit meines Mannes (Eilantrag Notariat) übernehmen, damit die cerebrale Angiographie durchgeführt werden kann. Eine Biopsie ist nicht nötig, da die Angiographie die Diagnose endgültig bestätigt.
Er ist bewusstseinsklar, aber müde, lustlos- zeitlich, örtlich und situativ nicht orientiert.
Seine Merkfähigkeit und Aufmerksamkeit sind hochgradig eingeschränkt

Behandlung mit Cortison Stoßtherapie, danach alle vier Wochen (6x) Chemo-Therapie (Endoxan, danach soll für lange Zeit auf orale Gabe umgestellt werden), die er ganz gut verträgt bis jetzt - kein Haarausfall, keine Übelkeit.

Allerdings ist er seit der Chemo inkontinent. (Besuch beim Urologen, noch mehr Tabletten).

Reha im September und Oktober, Beendigung der Reha mangels Fortschritten. Seither ist mein Mann zu Hause (Ergo, Physio ambulant, wöchentliche Blutkontrolle beim Hausarzt).

Er schläft morgens lange und ich schreibe ihm alles auf, was zu tun ist (Frühstück, Bad...)
Er kann schon auch für eine Zeit alleine bleiben. Er ist voll bewegungsfähig (manchmal Schwierigkeiten beim Aufstehen, Gleichgewicht).
Die Gedächtnisstörung hat sich leider bis jetzt noch nicht gebessert.
Da ich halbtags arbeite, kümmern sich seine Eltern (die mich bei allem sehr unterstützen) liebevoll um ihn - nach den morgendlichen „Aufgabenerfüllungen“.
Es ist sehr traurig, wenn man auf einmal einen ganz anderen Menschen vor sich hat und ihm jeden Tag wieder dasselbe erzählen muss. Ich liebe meinen Mann und hoffe so sehr, dass die Krankheit gestoppt werden kann und sein Gedächtnis wieder einigermaßen zurückkommt.
Inzwischen verlangt auch der Medizinische Dienst der Krankenkasse, dass wir eine Erwerbsminderungsrente beantragen, bis jetzt erhalten wir Krankengeld. Also blüht uns auch ein finanzieller Einbruch.

Wir haben inzwischen einen Schwerbehindertenausweis beantragt und über die Versicherung einen Antrag auf Berufsunfähigkeit gestellt.
Bürokratie ohne Ende!

Zu den meinen Mann behandelnden „Menschen“ kann ich fast nur Positives sagen. Sie alle waren bis jetzt sehr fürsorglich und bemüht. Es war nicht immer ganz einfach, da er in den Kliniken und Reha täglich Abreisetendenzen zeigte, weil er nicht wusste, wo er war und immer davon ausging : „Bin für heute fertig, ich gehe jetzt nach Hause“ (daher Aufnahme in einer abgeschlossenen Station). In der Reha war er sehr depressiv, was sich daheim gebessert hat, da er sich bestimmt hier geborgener fühlt (vielleicht hilft ihm ja das Cipralex auch ein wenig).
Wir haben jetzt viel Termine: Physio, Ergo, wöchentliche Blutabnahme, Logopädie und zu Hause „therapieren“ wir auch (Spiele wie Memory, Scrabble, Backgammon, Mensch ärgere dich nicht...).

Am Anfang der Krankheit kamen fast täglich Anrufe von Bekannten. Das hat jetzt ziemlich nachgelassen. Nur der „harte Kern“ meldet sich noch ab und zu.
Unsere Familie hält sehr zu uns, unterstützt uns, wo sie kann und zeigt, dass ihnen mein Mann wichtig ist.

Ich selbst bin manchmal ein bisschen am Ende. Der ganze Papierkram und die Zukunftsaussichten belasten mich zeitweise, aber natürlich möchte ich für ihn stark sein und ihm Mut machen. Es ist eh schon schwer für meinen Mann mit dieser sehr seltenen Krankheit und deren Behandlung zurechtzukommen, aber dazu auch noch der Gedächtnisverlust – einfach nur traurig!!

Dies ist also mein Bericht aus Sicht eines Angehörigen.
Kiara

spunk0857 [at] googlemail [dot] com


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aktualisiert am 08.01.2010