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Morbus Wegener

Hallo,

mein Name ist Erhard, bin Allgemeinmediziner im Ruhestand, wohne in Südhessen, bin 63 Jahre alt und leide seit Oktober 2008 an einer Wegener`schen Granulomatose.

Ich habe mit großem Interesse die hier geschilderten Krankenschicksale mit ihren doch sehr unterschiedlichen Verläufen gelesen.
In meinem Falle ist es eine ganz neue Erfahrung, als selbst Betroffener auf der anderen Seite zu stehen - als Patient - mit der gleichen tiefen Verunsicherung, den gleichen Ängsten, dem Wunsch, alles genau zu verstehen zu können und mitzuentscheiden und gleichzeitig dem Verlangen, sich ganz passiv der Behandlung eines anderen Arztes "auszuliefern" zu können.
Bisher hatte ich Glück: relativ schnelle Diagnosestellung, relativ glimpflicher Verlauf.

Hier meine Krankengeschichte:Seit etwa 10 Jahren Behandlung einer ersten Autoimmunkrankheit, einer Autoimmunthyreoiditis HASHIMOTO mit Unterfunktion der Schilddrüse. Wie ich nachträglich erfuhr, liegt bei dieser Erkrankung die Wahrscheinlichkeit, irgendeine andere Autoimmunkrankheit zusätzlich zu bekommen, bei etwa 25% (!). Substitutionstherapie mit derzeit 200µg L-Thyroxin täglich.

Seit etwa 15 Jahren Therapie einer essentiellen Hypertonie mit ß-Blockern+ATa1-Blockern. Grenzwertige Blutfettwerte. Prophylaktische antidepressive Therapie nach 3 Depr.schüben mit Venlafaxin 75 ret.tgl. Nichtraucher, mäßig Alkohol, Schwimmen, Radfahren.

Dezember 2007 Hörsturz auf dem linken Ohr mit bleibendem weitgehenden Hörverlust trotz stationärer Behandlung mit Infusionsschema (HAES, Trental und hochdos.Cortison).
Oktober 2008 2. Hörsturz, dieses Mal auf der rechten Seite, war einige Wochen praktisch völlig taub ("HORROR"), unter gleichem Infusionsschema allmähliche Besserung rechts, war 1 Woche in HNO-UNI-Klinik Frankfurt, aber keine OP erforderlich. Anpassung von 2 Hörgeräten, komme damit ganz gut zurecht.

Zur Ursache ist zu sagen, daß ich mich damals in einer schweren beruflichen und privaten Krise befand, also massiven und dauerhaften Stress hatte und schließlich in ein tiefes depressive Loch fiel, aus dem ich mit Hilfe erhöhter Medikamentendosen und mit psychotherapeuteutischer Behandlung wieder bis Jahresende herausfand.

Danach ging es mir wieder gut. Ich hatte die Praxis aufgegeben und konnte bei einem Kollegen als gelegentlicher Praxis-Vertreter tätig sein, machte Dienste in der hiesigen Notdienstzentrale, und freute mich ansonsten meines Rentnerdaseins.

Im Oktober 2008 verspürte ich wechselseitige "rheumatische" Beschwerden im Rücken und an verschiedenen Gelenken, die durch Diclofenac immer wieder relativ rasch verschwanden.

Im Nachherein fiel mir ein hartnäckiger, teils blutiger Schnupfen auf, der mich aber relativ wenig störte.
Im Urlaub auf einer holländischen Insel bekam ich ein feuerrotes rechtes Auge mit starkem Tränen und Schmerzen im Bereich des 1.+2.Gesichtsnervenastes (N.Trigeminus). Wir mußten früher nach Hause fahren, die Augenärztin diagnostizierte eine schwere Bindehautentzündung, Antibiotika-+Cortisontropfen ergaben keine Besserung. In der Augenklinik Heidelberg ergab sich der Verdacht auf eine Erkrankung des rheumatischen Formenkreises.

Nachdem Blutuntersuchungen erhöhte Entzündungswerte ergaben und im Urin eine Blut- und Eiweißausscheidung nachgewiesen werden konnte, suchte ich den hiesigen Nephrologen auf, der bei erhöhten c-ANCA-Werten den hochgradigen Verdacht auf eine Wegener`sche Erkrankung aussprach.

Es folgte eine 10-tägige stationäre Behandlung am Nierenzentrum der UNI Heidelberg mit Nierenpunktion (typisches histologisches Bild eines WEGENER), Einleitung einer Infusionsbehandlung mit 500mg Cortison + 2x750mg Endoxan in wöchentlichen Abstand, danach ambulant 1x monatlich 750mg Endoxan-Infusionen sowie Urbason tgl. 80mg in monatlich absteigender Dosierung (derzeit noch 30mg)

Die Chemotherapie mit Endoxan habe ich bisher sehr gut vertragen bis auf die bleierne Müdigkeit an den nächsten Tagen. Mit der ersten hochdosierten Cortison-Infusion waren über Nacht meine Trigeminusschmerzen weg und die Augensymptomatik deutlich besser.

Unter der Cortison-Dauertherapie waren einige "Kollateralschäden" zu beobachten: Gewichtabnahme ca 12kg, deutlicher Muskelschwund und allgemeine Schwäche, so daß ich nur mit Mühe Treppen steigen konnte. Ich bekam einen Diabetes mellitus mit Zucker-Werten über 300mg% und Insulintherapie. Die Cholesterinwerte stiegen von anfangs 210 auf ca 360mg%. Ich verlor vorübergehend meinen Geschmackssinn, so daß es mir nicht so schwer fiel, trotz Cortison mein Gewicht einigermaßen zu halten.

Inzwischen haben sich die c-ANCA-Werte normalisiert, und der PR3-Wert ist von 100 auf 9 zurückgegangen. Die Nierenfunktion ist mit 1,6mg% Kreatinin nur mäßig eingeschränkt .

Es war letzlich ein Glücksfall, daß das rote Auge als Leit-und Warnsignal relativ frühzeitig aufgetreten ist und rasch zu Diagnose und Therapie geführt hat, bevor die Nieren unerkannt weiter geschädigt wurden.

Soweit zu meiner Krankengeschichte, Ende noch offen.....

viele Grüße an alle Betroffenen

Erhard drerhardkoch [at] hotmail [dot] de

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aktualisiert am 16.04.2009