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Christianes Geschichte 

Im letzen Jahr meiner Umschulung zur Diätassistentin war ich immer so schrecklich müde und abgeschlagen, dass ich bei jeder Autofahrt eingeschlafen bin. Manchmal sogar wenn ich selber gefahren bin. Ich habe dies auf meine Belastung als Hausfrau und Mutter während einer Umschulung geschoben. Dass mir alle möglichen Gelenke und Hautpartien bei Berührung schmerzen, habe ich für eine Alterserscheinung gehalten. Damals war ich 38 Jahre alt.

Bei Röntgenuntersuchungen aufgrund eines kleinen Unfalles wurde der Verdacht auf eine Sakroiliitis, wie es nur bei bestimmten Krankheiten typisch sei, ausgesprochen und der untersuchende Arzt riet mir einen Internisten aufzusuchen. Dieser veranlasste eine Blutuntersuchung, wobei das für Morbus Bechterew typische HLA B 27 festgestellt wurde, ansonsten waren meine Blutsenkungswerte nur leicht erhöht. Der Internist war sehr besorgt und drängte mich eine Rheumatologen aufzusuchen, wobei er mir die Rheumaambulanz in Bad Nauheim nannte. Ein namhafter Rheumatologe praktiziere dort, sagte auch meine Hausärztin. Dieser Rheumatologe schaute nur die mir vom Internist mitgegebenen Befunde skeptisch an und untersuchte mich kurz. Ich schilderte meine Abgeschlagenheit und meine wandernden leichten Schmerzen in allen Gelenken und Schmerzen wenn ich irgendwo fester berührt werde, vor allem an Oberarmen – und Schenkeln. Ohne mich anzuschauen diagnostizierte er mir Wechseljahresbeschwerden und daraus resultierende leicht Depressionen und riet mir ein Facharzt für hormonelle Beschwerden auf zu suchen. Weiterhin sagte er, was sich wohl der Internist dabei denken würde, mich zu ihm zu schicken, er stelle doch sonst so gute Diagnosen.

Fassungslos, ohne eine Wort zu sagen und mit Tränen in den Augen verließ ich diesen Arzt. Ich war damals 39 Jahre alt.

Beim Wiedervorstellungstermin bei meinem damaligen Internisten schilderte ich mein Erlebnis. Dies erboste den Internist ziemlich und veranlasste ihn, bei meiner Hausärztin anzurufen um ihr klar zu machen, dass "was mit mir geschehen müsse, sonst säße ich bald im Rollstuhl", so schilderte mir meine damalige Hausärztin den Anruf. Meine Hausärztin, auch nicht wirklich überzeugt, ich habe irgendeine schlimme Krankheit, untersuchte mich daraufhin sehr gründlich, und stellte dabei erstaunt fest, dass alle Sehnenansätze sehr druckempfindlich sind. Sie war der Meinung, ich habe eine Fibromyalgie und aufgrund der vergangenen Umschulung sehr viel Stress gehabt. Da sei es das Beste, ich würde zu einer Kur gehen, vorzugsweise in eine Rheumaklinik. Von Fibromyalgie hatte ich noch nie was gehört und kaufte mir deswegen ein Buch darüber. Bis auf die Sehnenschmerzen hatte ich keines der typischen Symptome, aber dafür immer leicht erhöhte Temperatur. Ein sehr untypische Zeichen bei Fibromyalgie, dennoch glaubte mir das niemand: meine Blutwerte waren nur leicht erhöht.

Mit neuem Mut fuhr ich zur Kur nach Wiesbaden in die Rheumaklinik. Dort war es sehr nobel, allen waren sehr freundlich. Nur dass ich mich auf die Diagnose Fibromyalgie nicht einlassen wollte, nahm man mir leicht übel. Ich vertrug keine warmen Fangopackungen, überhaupt wurde mir schwindlig von Wärme, was sich bis heute nicht geändert hat. Bei den sportlichen Übungen konnte ich alle Ziele leicht erreichen, was denn auch meine dortige Ärztin doch leicht an der Diagnose zweifeln lies. Da aber labortechnisch nichts gefunden wurde, konnte man sich nicht erklären, was ich überhaupt habe. Gut erholt fuhr ich nach Hause, - mit dem Gedanken alle Beschwerden seien nur vom Stress gekommen.

Wieder zu Hause fingen meine Beschwerden bald wieder von vorne an. In Folge suchte ich noch einen Rheumatogen in Marburg auf, der seinen Bericht fast vollständig lateinisch verfasst hatte, so dass meine Hausärztin ein Lexikon bemühen musste, um letztendlich festzustellen, dass er auch nichts feststellen könne, aber dass meine Beschwerden wahrscheinlich auf eine vorher gegangene Infektion zurück zu führen seien. Dann war ich in der Klinik für Diagnostik in Wiesbaden, dort meinten die Ärzte, das Ganze sei ein Fall für einen Psychiater. Außerdem stellte man noch einen viel zu hohem Serotoninspiegel fest. Eigentlich hatte ich einen zweiten Termin, aber auf so was hatte ich keine Lust mehr.

Mittlerer Weile waren fast 3 Jahre vergangen, ohne dass eine Krankheit festgestellt wurde. Trotzdem habe ich nicht locker gelassen, nur Schmerztabletten einnehme wollte ich nicht.

Irgendwann habe ich seltsame Dellen an meinen Oberschenkeln bemerkt und sie meiner Hausärztin gezeigt. Sie überwies mich zum Hautarzt mit der abschließenden Bemerkung, sie wisse nicht was ich eigentlich immer wolle, ich sei nicht krank und es sei auch nichts zu finden. Schon auf dem Heimweg habe ich geweint und mir vorgenommen meinen Hausarzt zu wechseln.

Die Hautärztin fragte mich nach dem Grund meines Besuches, und, ohne sich das Bein angeschaut zu haben, fragte sie mich, ob ich noch andere, allgemeine Beschwerden habe. Ich erzählte von den wandernden Schmerzen und der Abgeschlagenheit und den leicht erhöhten Temperaturen, was sie sehr interessierte. Sie entnahm eine Gewebeprobe. So wurde ein Pannikulitis festgestellt.

Wenn ich damals keinen Pschyrembel (ein medizinisches Lexikon) gehabt hätte, wäre ich aufgeschmissen gewesen. Ein Pannikulitis sei eine Unterhautfettgewebeentzündung und eine so seltene Erkrankung, klärte mich meine Hautärztin auf, dass ich damit in die Hautklinik des Giessener Uniklinikums fahren solle. Dort lasen sie erstaunt die Diagnose und konnte kaum glauben, dass die Pannikulitis nicht von einer "Verletzung oder von irgendwelchen Tiefkühlerzeugnissen wäre, die ich mir bei Tragen gegen das Bein gehalten haben soll" kommt. Letztendlich sagten sie mir, dies sei ein Fall für die Rheumatologie.

"Na, bravo" dachte ich, "jetzt bin ich wieder da, wo ich vorher schon war ". Ich erzählte den Ärzten, dass ich schon einige Rheumatologen abgeklappert habe, und fragte, ob sie mir einen empfehlen könnten. Sie verwiesen mich auf die Rheumaambulanz der Medizinischen Poliklinik des Uniklinikums Gießen.

Mit der Diagnose "Pannikulitis" in der Hand fand ich gleich viel offenere Ohren, und man gab mir einen Cox2-Hemmer, der aber leider gar nichts nutzte. Bald wurde ich auf Kortison in kleinen Mengen umgestellt. Die Fibromyalgiediagnose war vom Tisch, aber einen genauen Namen hat meine Krankheit bis heute nicht. Der Arzt damals, (inzwischen ist der dritte Arzt in der Rheumaambulanz), sagte, das wäre alles äußerst selten und interessant, eine oligoforme Mischkollagenose.

Bei all dem ging es mir, Gott sei dank, nie so schlecht, dass ich meinen Alltag nicht mehr hätte bewältigen können, aber die Geschwindigkeit meines Lebens nahm schon deutlich ab. Hätte ich arbeiten gehen müssen, hätte sich mein Gesundheitszustand bestimmt drastisch verschlechtert. Ich war und bin Hausfrau und Mutter von damals noch zwei zu Hause wohnenden Kindern, aus Leidenschaft hatte ich einen großen Garten. Nebenbei helfe ich noch in der Firma meines Mannes aus, er ist selbständig.

Trotzdem ich das erstemal seit Jahren das Gefühl hatte ernst genommen zu werden, forschte ich immer weiter über meine Erkrankung nach. Zumal es mir trotz des Kortisons bald wieder so ging wie vorher. Da es nicht gut sei so viel Kortison zu nehmen, bekam ich MTX dazu, was auch bald auf 25 m g i.v. gesteigert werden musste: Schmerzen, Abgeschlagenheit und erhöhte Temperatur schienen sich immer anzupassen. Irgendwann sollte ich noch Arava dazu nehmen, was ich aber ablehnte.

Nach einer Magen-Darm-Infektion, die lange nicht ausheilen wollte, hatte ich leicht erhöhte Leberwerte. Das sei nicht weiter schlimm, bekam ich gesagt. Ich fühlte mich sehr unwohl, und da ich noch andere Symptome einer Lebererkrankung hatte, wollte ich einen unplanmäßigen Termin in der Rheumaambulanz. Ich wurde dort von den Arzthelferinnen und auch von meinem Rheumatologen abgewimmelt. Daraufhin beschloss ich, den Rheumatologen zu wechseln.

Der neue Arzt riet mir die MTX-Dosis auf 20 m g oral zu verringern und stellte mir ein Kortison-Stoßtherapiekonzept auf, dass ich bei Bedarf anwenden könne.

Inzwischen sind seit den ersten Symptomen und Arztbesuchen ca. 12 Jahre vergangen. Zum Glück habe ich keine solche drastischen Sachen wie z.B. Nierenversagen. Dies bestimmt auch, weil ich in der Uniklinik auf einen Rheumatologen gestoßen bin, der der Meinung war, man dürfe nicht warten bis ein Schaden entstanden sei, sondern man behandele schon vorher, damit er nicht entstehe.

Nun bin ich wieder bei einem Arzt gelandet, der sich lieber die Laborwerte als mich anschaut.

Er hat auch alle möglichen Untersuchungen veranlasst: Anas, Ena, Ancas, Mpo und Kälteagglutine, bis auf die Anas war alles negativ. Die unspezifischen Laborwerte sind immer leicht erhöht.

Und immer wieder passiert dasselbe: Ich habe keine deutlich erhöhten Laborwerte, keine deutlichen Rötungen oder Schwellungen. Alles ist immer nur leicht angedeutet. Es fällt den Ärzten sehr schwer mir zu glauben.

Dennoch tun mir die Oberschenkelvorderseite enorm beim Aufstehen weh, manchmal habe ich gar keine Kraft mehr drin, auf meine Unterarmen bilden sich erst leicht rote und dann bläulich-grüne Flecken, als hätte ich einen Unfall gehabt. Kein Grund die Standardtherapie zu ändern ( 5 mg Kortison/d, 20 m g MTX/w), sagt der Rheumatologe, das gäben die Laborwerte nicht her.

Bei letzten Besuch, inzwischen der 3. oder 4., habe ich ihn gefragt, welche Krankheit ich eigentlich habe, eine Pannikulitis sei eigentlich doch keine eigenständige Krankheit, oder ?

Ja, räumte er ein, eigentlich habe ich eine Vaskulitis, - dabei könne man eine Pannikulitis haben – und eine sekundäre Fibromyalgie.

Ich weiß, dass ein solches unklares Krankheitsbild, wie ich es liefere, ein großes Problem darstellt. (Mein jetziger Hausarzt kann gar nichts mit "Vaskulitis" anfangen). Auch wenn ich immer betone, dass ich meine Schmerzen nur als Symptom empfinde, dass ich mich viel stärker von der ständigen Abgeschlagenheit beeinträchtigt fühle, bekomme ich wechselseitig Schmerzmittel oder Erklärungen über sekundäre Fibromyalgie zu hören.

Ich wünsche mir, dass Ärzte Patienten richtig gut zuhören und sie ernst nehmen, nicht nur nach Laborwerten entscheiden. Oder was noch schlimmer ist, solche Fälle wie mich nicht mit den auch wirklich schlimmen Krankheitsverläufen zu vergleichen, so nach dem Motto: ich könne ja noch Laufen. Sicher sehen Rheumatologen viel Schlimmes und haben bei der heutigen Sparwut wenig Zeit, aber dennoch sitzt immer ein Mensch vor ihnen, der als Patient auf Hilfe hofft. Wichtig finde ich auch, immer die Wahrheit zu sagen, und wenn man nicht weiter weiß, das auch zu zugeben. Nicht so wie bei mir, einfach zu sagen: Ich finde nichts, also haben Sie auch nichts. Man hat auch mal geglaubt, die Erde sei eine Scheibe.

Beides ist wiederlegt: Die Erde ist rund. Ich habe eine Pannikulits, inzwischen Verkalkungen in den Iliosakal- sowie Hüftgelenken.

Seit längerem habe ich bläulich-violette Verfärbungen an den Beinen, die bei Kälte und Wärme stärker hervortreten, die genannten Flecken an den Armen, obendrein mal mehr oder wenig geschwollene Lymphknoten im HNO-Bereich, sehr trockene Mund- und Nasenschleimhäute, öfters erhöhte Temperatur, starke Abgeschlagenheit und Leistungsminderung, die Oberschenkelvorderseite schmerzt seit neuestem stark (da wo auch die Pannikulitis festgestellt wurde). Einige meiner ehrenamtlichen Tätigkeiten musste ich aufgeben, auch meine schönen, geliebten großen Garten.

Trotz allem oder auch weil es nicht ganz schlimm ist, geht es mir relativ gut. Und damit es auch so bleibt, muss ich mich ständig selbst darum bemühen. Bei einer dieser Bemühungen bin ich hier auf diese Website gestoßen, die mir sehr geholfen hat und die ich deswegen in den allerhöchsten Tonen lobe und bei jeder Gelegenheit weiterempfehle.

Hoffentlich habe ich mich einigermaßen klar ausgedrückt und nicht zuviel geschrieben. Wer will kann mir eine Mail schreiben:

christianeloechel [at] hotmail [dot] com

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aktualisiert am 07.06.2008